Stand: 03.09.20 17:00 Uhr

Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank: Was wir wissen

Gibt es Beweise für eine politische Einflussnahme?

Nein. Aus den vorliegenden Unterlagen lässt sich rekonstruieren, dass die Steuerprüfer des Hamburger Finanzamts im Herbst 2016 zu dem Schluss kamen, die Gelder von Warburg zurückzufordern, bevor in der Finanzbehörde schließlich eine andere Entscheidung getroffen wurde - und dass es in der Zeit dieser Entscheidung zahlreiche Treffen von Bankmitinhaber Olearius mit SPD-Politikern und Scholz persönlich gab. Die zeitlichen Zusammenhänge werfen Fragen auf, sind aber kein Beweis für eine Einflussnahme.

Aus dem Tagebuch von Christian Olearius ergibt sich aber ein Eindruck, wie sehr Olearius versuchte, politische Unterstützung in dem Verfahren zu organisieren. Bereits im Frühjahr 2016 nahm er zu Alfons Pawelczyk (SPD) Kontakt auf, dem ehemaligen Zweiten Bürgermeister von Hamburg. Pawelczyk und der inzwischen zurückgetretene SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sollen sich laut Tagebuch während des Verfahrens immer wieder mit Olearius getroffen und ihn beraten haben. Pawelczyk soll schließlich auch Kontakt zu Olaf Scholz hergestellt und Treffen zwischen Olearius und dem damaligen Ersten Bürgermeister vermittelt haben.

Laut den Aufzeichnungen des Bankiers traf sich Bürgermeister Olaf Scholz in den Jahren 2016 und 2017 drei Mal persönlich mit Olearius, als gegen den bereits wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde und der Fall noch in der Prüfung der Steuerbehörden lag. Während des ersten Treffens sagte der Bürgermeister laut den Aufzeichnungen von Olearius, er erwarte auf dem Laufenden gehalten zu werden. Allerdings notierte der Bankier auch jedes Mal, dass Scholz nichts versprochen habe oder zurückhaltend gewesen sei. Scholz wurde zudem laut Tagebuch offenbar mehrfach von Alfons Pawelczyk über den Stand des Verfahrens unterrichtet.

Trotz dieser Treffen antwortete der Hamburger Senat noch im November 2019 auf eine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, es habe keine persönlichen Gespräche von Mitgliedern des Senats zum steuerlichen Verfahren von Warburg mit dem Bankhaus gegeben - explizit auch keine Gespräche zwischen dem damaligen Bürgermeister Scholz und Vertretern der Bank. In einer Befragung durch den Finanzausschuss des Bundestages im März 2020 räumte Scholz nur das eine Treffen im November 2017 ein, über das "Zeit" und Panorama im Februar 2020 berichtet hatten.

Die nun durch die Recherchen bekannt gewordenen weiteren Treffen erwähnte Scholz im März nicht. Er nannte sie auch nicht in einer als vertraulich eingestuften weiteren Sitzung des Finanzausschusses im Juli 2020, obwohl er explizit gefragt wurde, ob es weitere Treffen gegeben habe. Für die Sitzung den März geht dies aus dem Protokoll hervor, für die im Juli berichten es mehrere Teilnehmer übereinstimmend.

Scholz und Olearius bestreiten, dass es eine politische Einflussnahme gab. Gespräche zwischen Politikern und Wirtschaftsführern seien üblich. Auch der Leiter der Hamburger Steuerverwaltung betonte öffentlich, dass es keine Versuche gegeben habe, politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 03.09.2020 | 21:45 Uhr