Stand: 16.08.17 15:39 Uhr

Auftrag Rufmord? Zu viel der Ehre!

von Christoph Lütgert und Kristopher Sell

Angebliche Offenbarung der "geheimen Adresse" Carsten Maschmeyers

Auf S. 158 seines Buches behauptet Schabirosky, der NDR habe Maschmeyers "geheime Adresse" von ihm bekommen und daraufhin eine Szene vor seinem Privathaus drehen können. Kaum eine andere Adresse in Hannover war und ist so öffentlich wie die von Carsten Maschmeyer. Die Society-Medien waren schon seit langem voll von Berichten über Prominenten-Treffen in Maschmeyers Privat-Villa im Hanebuthwinkel.

Lange vor den Dreharbeiten beschrieb beispielsweise ein Artikel in der Vanity Fair (Ausgabe 08/2009): "Die Eilenriede ist Hannovers grüne Lunge. Erholungssuchende schätzen den Stadtwald wegen seiner stillen Wege und Makler wegen den angrenzenden Wohngebieten, die zu den teuersten Lagen der niedersächsischen Landeshauptstadt zählen. Das war nicht immer so: Vor über 300 Jahren trieb dort der Räuber Jaspar Hanebuth sein Unwesen. Nach diesem berüchtigten Mann wurde eine Straße als Hanebuthwinkel benannt. Angesichts der Historie eigentlich keine gute Adresse für einen Unternehmer, der im Geldgewerbe tätig ist. Oder gerade doch?

Carsten Maschmeyer: Die Unschuld vom Maschsee
Carsten Maschmeyer, Gründer des AWD, wehrt sich in "Bild" gegen die Vorwürfe in Panorama

Durch den Hanebuthwinkel jagen im Juli 2008 ein gutes Dutzend Nobelkarossen, halten in der Einfahrt des Walmdach-Bungalows von Carsten Maschmeyer, millionenschwerer Chef des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD), seit Anfang Februar 2009 besser bekannt als "Maschi", der Neue von Vroni."

Maschmeyers Villa war zum damaligen Zeitpunkt unverpixelt bei Google Street View anzuschauen und die Adresse von Maschmeyers Vermögensverwaltung war via Google ebenfalls im Hanebuthwinkel zu finden.

Angeblich berichtete "Totalverlust" beim Drei-Länder-Fonds

Schabirosky unterstellt den Autoren des NDR-Films "Abzocker Maschmeyer - Liebling der Politik, Freund des Bundespräsidenten" vom 8.9.2010, sie hätten den Käufern des ominösen Drei-Länder-Fonds "Totalverluste" attestiert (S. 159). "So hatte ich auf leichte Weise mein Ziel erreicht", brüstet sich Schabirosky in seinem Buch im Rückblick auf die Kampagne damals noch gegen Maschmeyer gerichtet. Richtig ist jedoch, der von ihm an dieser Stelle erwähnte Film handelt an keiner Stelle vom Drei-Länder-Fonds.

Nachweislich war auch in keinem anderen Panorama-Bericht über Maschmeyer und den AWD von "Totalverlusten" im Zusammenhang mit den Drei-Länder-Fonds die Rede. Wohl aber wurde im NDR-Film "Neues vom Drückerkönig" am 9. März 2011 von Alex Gadeberg, Leiter des Zweitmarktes an der Hamburger Börse vorgerechnet, dass beispielsweise der Drei-Länder-Fonds 97/26 nur noch etwas über zehn Prozent des Kaufpreises wert war. Außerdem erklärte der Experte: "Das, was man natürlich berücksichtigen muss, das ist der steuerliche Vorteil, der da drin war in der Zeit, die Ausschüttungen, die da waren, aber auch, wenn man das zusammenrechnet, dann wird man hier nicht mit einem Gewinn herausgehen. Das kann ich Ihnen schon sagen."

Behauptung widerlegt

Damit ist die Behauptung Schabiroskys in seinem Buch widerlegt: "Keiner wollte von mir die Höhe der Ausschüttungen, die Höhe der Steuervorteile und den Restwert der Dreiländerfonds wissen" (S. 172). In der Tat brauchte der NDR eine solche Auskunft von Schabirosky nicht. Die war von dem unumstrittenen Fachmann Alex Gadeberg (Vorstand der Fondsbörse Deutschland) längst erteilt und später im Film eingeordnet worden.

Schabirosky  erweckt den Eindruck, fehlgeleitet nur von ihm und mangels Recherche, habe der NDR diese Finanzprodukte des AWD schlechter dargestellt, als sie in Wahrheit waren.

Dabei widerspricht sich Schabirosky erneut selbst. Denn zu Beginn seines Buches wird der Dreiänderfonds von ihm selbst als hochproblematisch eingeordnet. So berichtet er auf Seite 14 von seinem ersten Erpressungsversuch gegen den AWD: "In einem Gespräch mit einem Rechtsanwalt und dem Justitiar des AWD drohte ich damit, die Kunden, denen ich sogenannte geschlossene Immobilienfonds verkauft hatte, über die Verluste dieses Investments aufzuklären." Einige Seiten später  (S. 43) wiederum geht es um seinen Streit  mit Vorgesetzten: "Die geschlossenen Fonds, insbesondere die Drei-Länder-Fonds könnten für den AWD zum Problem werden ... Das sieht teilweise übel aus ... Außerdem vermute ich, dass es sich bei den Ausschüttungen an die Anleger gar nicht immer um erwirtschaftete Erträge handeln könnte.... Bei einigen Fonds wird das Konstrukt früher oder später teilweise zusammenbrechen." Und auf derselben Seite weiter: "Dass sich die Kosten auf zwanzig Prozent der Einlagen summierten, hat man uns verschwiegen."

Zutreffend beschreibt Schabirosky in diesem Zusammenhang in seinem Buch, dass die Redaktion eine von ihm gelieferte Liste mit AWD-Kunden verifizierte. Sie bewies jedoch lediglich die Größenordnung verschiedener vom AWD verkaufter Drei-Länder-Fonds. Und zwar, dass es sich hierbei um mehr als 30.000 geschädigte Kunden handelte.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 12.01.2011 | 21:45 Uhr