Stand: 21.02.15 15:20 Uhr

Griechisches Gericht verurteilt Syrer zu 145 Jahren Haft

von Stefan Buchen

Auf den Dodekanes-Inseln in der Ägäis hat ein griechisches Gericht einen 21-jährigen Syrer wegen "Schlepperei"“ zu 145 Jahren Haft und 570.500 € Geldstrafe verurteilt. Der junge Mann soll angeblich einen Kutter mit Flüchtlingen gesteuert haben, der am 20. Januar 2014 bei der Insel Farmakonisi sank, nachdem er von einem Patrouillenboot der griechischen Küstenwache ins Schlepptau genommen worden war. Panorama hatte über die missglückte Abschleppaktion berichtet, bei der elf Flüchtlinge ertranken: acht Kinder und drei Frauen.

Protokoll einer vermeidbaren Katastrophe
Immer wieder ertrinken Flüchtlinge beim Versuch nach Europa zu gelangen. Überlebende eines solchen Unglücks erheben schwere Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache.

Überlebende belasten Küstenwache schwer

Die Überlebenden warfen der griechischen Küstenwache vor, zu schnell gefahren zu sein und dadurch den Untergang des Kutters verursacht zu haben. Zudem sagten sie aus, das Patrouillenboot habe die Flüchtlinge über das offene Meer weg von Griechenland zurück zur türkischen Küste ziehen wollen. Die griechische Küstenwache bestritt hingegen, dass es sich um eine sogenannte "Push-Back-Aktion", also ein gewaltsames Zurückdrängen von Flüchtlingen gehandelt habe und bezeichnete den Untergang des abgeschleppten Kutters als "verunglückten Rettungsversuch". Das Patrouillenboot nahm an der von Frontex koordinierten Grenzschutzoperation "Poseidon Sea" in der Ägäis teil.

Panajiotis Christodoulos, der Anwalt des 21-jährigen Syrers, sagt, sein Mandant sei selbst ein Flüchtling gewesen. "Meinem Mandanten wird eine Schuld aufgeladen, die eigentlich andere tragen", sagte der Anwalt nach der Verkündung des Urteils. Der Anwalt will gegen das Urteil vorgehen.

"Facilitators" im Visier von Frontex

Die Strafverfolgung von sogenannten "Facilitators" gehört zu den Schwerpunkten der Europäischen Grenzschutzpolitik. Mit "Facilitators" sind "Schleuser" gemeint. In vielen Fällen handelt es sich jedoch in Wirklichkeit um Flüchtlinge, die anderen beim "unerlaubten Grenzübertritt", etwa durch Steuern eines Bootes, helfen.

Hintergrund ist in der Regel eine Abmachung mit den Hintermännern der Schleusung. Flüchtlingen, die eine Aufgabe wie das Steuern eines Bootes übernehmen, wird zum Beispiel das Entgelt für die "Schleusung" erlassen, oder sie dürfen Familienangehörige mitnehmen. Frontex führt in seinen Quartals- und Jahresberichten regelmäßig auf, wieviele "Facilitators" gefasst wurden. 2013 waren es 6902 Personen. Die gegen "Facilitators" verhängten Strafen fallen oft drakonisch aus.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 13.02.2014 | 21:45 Uhr