Hetze ohne Konsequenz - Freispruch für einen Rechtsterroristen
Anmoderation
PATRICIA SCHLESINGER:
Vor eineinhalb Jahren haben wir in Panorama über den unbelehrbaren Rechtsterroristen Manfred Roeder berichtet. Er ist ein Nazi, ein mehrfach bestrafter Krimineller, der sich selbst als Hitler-Dönitz-Erben sieht. Er ist für den Tod von mindestens zwei Menschen mitverantwortlich. In einem Interview mit uns hatte er die Bundesregierung beschimpft, verunglimpft und dem damaligen Kanzler und seinen Ministern den Tod gewünscht. Viele Zuschauer waren entsetzt, einige haben Anzeige gegen ihn erstattet. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin das Panorama-Drehmaterial beschlagnahmt, ihm wurde der Prozeß gemacht. Am vergangenen Montag nun wurde das Urteil verkündet: Freispruch. Roeders rechtsradikale Hetze blieb bisher ohne Konsequenzen.
Hetze ohne Konsequenz: Freispruch für Rechtsterroristen Roeder
Ein Bericht von 1999 über den Gerichtsprozess gegen den Rechtsterroristen Manfred Roeder.
Thomas Berndt und Jochen Graebert über die Hintergründe.
0-Ton
MANFRED ROEDER:
(Rechtsextremist)
"So, wenn ich erstmal Reichskanzler bin, könnt ihr alle wiederkommen."
MANN:
"Ach, die Zeit ist vorbei."
MANFRED ROEDER:
"Meinste?"
KOMMENTAR:
Der Mann der so gerne Hitlers Nachfolger wäre - diese Woche stand er mal wieder vor Gericht: Manfred Roeder, unverbesserlicher Neonazi, vorbestraft wegen Mordversuchs und Sprengstoffanschlägen. Diesmal ging es vor dem Hamburger Landgericht um ein Interview, das PANORAMA im Dezember 97 ausgestrahlt hat:
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MANFRED ROEDER:
(11.12.97, PANORAMA)
"Diese Regierung ist entschlossen, Deutschland umzubringen und abzuschaffen. Die wollen nicht den Dreck unterm Fingernagel für Deutschland tun. Im Grunde haben die alle den Tod verdient, als Vaterlandsverräter, alle wie sie da sind."
KOMMENTAR:
Während Gesinnungsgenossen ihn immer noch anhimmeln, haben empörte Fernsehzuschauer damals Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage gegen Roeder wegen Verunglimpfung von Verfassungsorganen. Und das Gericht ließ keinen Zweifel an der kriminellen Energie des Angeklagten.
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SABINE WESTPHALEN:
(Gerichtssprecherin Oberlandesgericht Hamburg)
"Das Gericht hat keinerlei Zweifel daran gelassen, daß es den Angeklagten hält für einen ganz gefährlichen rechtsradikalen Neonazi, der den Staat bekämpfen will und unverbesserlich ist. Es hat auch festgestellt, daß die Äußerung, die beanstandete, öffentlich gefallen ist, und zwar während des Interviews und nicht, wie er behauptet, im Anschluß an das Interview in einem Privatgespräch, also daß PANORAMA da nicht zu seinen Lasten zusammengeschnippelt hat. Und das Gericht war auch eindeutig davon überzeugt, daß es sich um eine verunglimpfende Äußerung handelt."
KOMMENTAR:
Die Urteilsverkündung am Montag dieser Woche. Alle rechneten mit einem Schuldspruch, doch es kam anders.
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INTERVIEWER:
"Herr Roeder, Freispruch - was sagen Sie zu diesem Urteil?"
MANFRED ROEDER:
"Ein Triumph des Rechtsstaats, hätte ich nicht erwartet."
KOMMENTAR:
Eine gespenstische Szene: Ausgerechnet Neonazi Roeder bejubelt den Rechtsstaat. Begründung des Richters für den überraschenden Freispruch: Roeder wollte den Staat zwar verunglimpfen, aber das ließ PANORAMA nicht zu.
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SABINE WESTPHALEN:
"In der Sendung wurde das grade kommentiert, es wurde grade so dargestellt, um ihn bloßzustellen, um ihn zu entlarven als Unverbesserlichen, Ewiggestrigen. Also, die Intention des Angeklagten, Propaganda zu machen, ging praktisch nach hinten los. Es wurde von PANORAMA ins Gegenteil verkehrt, er wurde entlarvt, es wurde deutlich gemacht: Hütet euch vor solchen Personen. Selbst wenn er also die Absicht hatte, hier das Ansehen des Staates zu gefährden, ist es tatsächlich durch die Art der Berichterstattung nicht dazu gekommen. Deshalb war er, wenn, nur ein Versuch, aber der Versuch ist nach dem Gesetz nicht strafbar."
KOMMENTAR:
Daß PANORAMA ihm die Propagandahetze vermasselt hat, das quält den braunen Terroristen. Noch im Gerichtsgebäude pöbelt er drauflos.
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MANFRED ROEDER:
"PANORAMA ist ein Hetzsender, ein ganz übler, antideutscher Hetzsender."
Abmoderation
PATRICIA SCHLESINGER:
Herr Roeder, wir hetzen weiter, heute in drei Wochen. Aber im Ernst: Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Freispruch bereits Revision eingelegt.
