Stand: 20.12.16 11:39 Uhr

Chronik: Rechtsextreme Vorfälle in der AfD 2016

von Julian Feldmann

Das zweite Halbjahr 2016

25. August

Der AfD-Vorsitzende im hessischen Odenwald, Karl-Ludwig Kunstein, verbreitet auf seiner Facebook-Seite antisemitische Propaganda. In einem von ihm geteilten Video einer rechtsextremen Gruppe warnt die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck vor einer "Vernichtung Europas" und spricht vom "jüdischen Jahrhundert der Lüge". Haverbeck behauptet in dem Video, dass die islamistischen Terroranschläge am 11. September 2001 von Juden inszeniert worden seien und jüdische Verschwörer hinter allen Kriegen unserer Zeit stünden.

Gegenüber Panorama erklärt Kunstein, der bei Facebook auch rechtsextreme Seiten mit "Gefällt mir" markiert hat: "Das Teilen dieses Beitrages liegt für mich zu weit in der Vergangenheit, um noch nachvollziehen zu können, aus welchem, leichtsinnigen Grund ich das geteilt haben könnte. Ich distanziere mich in aller Deutlichkeit von der Meinung dieser Dame."

11. September

AfD-Vorsitzende Frauke Petry will den Begriff "völkisch" positiv besetzen, wie sie in der "Welt am Sonntag" verkündet. Ihr missfalle es, "dass er ständig nur in einem negativen Kontext benutzt wird". "Völkisch" ist der Kurzbegriff für völkischen Nationalismus und kennzeichnet seit Ende des 19. Jahrhunderts eine politische Strömung, die rassistische und antisemitische Ideologien verbindet. Die Völkische Bewegung ging weitgehend in der NSDAP auf. Völkische Ansichten werden ausschließlich von Rechtsextremisten vertreten.

AfD  Foto: Julian Feldmann

Andreas Tute, Mitglied im Peiner Kreistag, ist ein ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Partei "Pro Deutschland".

11. September

Bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen werden mehrere ehemalige Angehörige rechtsextremer Organisationen in die Räte gewählt. Im Peiner Kreistag sitzt für die AfD mit Andreas Tute ein ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Partei "Pro Deutschland". Im Rat der Stadt Springe bei Hannover ist Wolfram Bednarski vertreten, der dem vom Bundesinnenministerium verbotenen rechtsextremen Verein "Bauernhilfe" angehörte.Die "Bauernhilfe" war laut Innenministerium ein "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner" und steht auf der "Unvereinbarkeitsliste" der AfD. In den Göttinger Kreistag zog auf der Liste der AfD Philipp Göthel ein, der zuvor der rechtsextremen Szene im thüringischen Nordhausen angehörte. In die AfD-Kreistagsfraktion wurde Göthel nach Bekanntwerden seiner Neonazi-Aktivitäten nicht aufgenommen.

16. September

Der AfD-Kreisverband Plön in Schleswig-Holstein wählt mit Sebastian Pella ein ehemaliges CDU-Mitglied in den Kreisvorstand. Allerdings hatte Pella die hessische CDU 2011 verlassen müssen, als bekannt wurde, dass er für extrem rechte Zeitschriften schrieb. AfD-Funktionär Pella arbeitet für die rechtsextreme Zeitschrift "Zuerst" und war Vorstandsmitglied der "Gesellschaft für freie Publizistik", der laut Verfassungsschutz "größten rechtsextremen Kulturvereinigung in Deutschland". Pella scheidet "aus familiären Gründen" bereits im Oktober aus dem Kreisvorstand wieder aus.

16. September

AfD  Foto: Julian Feldmann

Frank Legrum posiert mit einem T-Shirt mit schwarzer Sonne, einem Symbol der rechtsextremen Szene.

Die AfD stellt Frank Legrum als Direktkandidat für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2017 im Wahlkreis Rendsburg auf. Auf seiner Facebook-Seite präsentiert sich AfD-Aktivist Legrum mit einem Foto, auf dem er und andere in T-Shirts posieren, auf denen die "Schwarze Sonne" und die Worte "Söhne Odins" aufgedruckt sind. Die "Schwarze Sonne" zählt zu den mystischen Symbolen des Nationalsozialismus, im Besonderen Heinrich Himmlers mörderischer SS.

Weil das Zeigen des Zeichens nicht verboten ist, zählt die "Schwarze Sonne" heute zu den wichtigsten Erkennungssymbolen der rechtsextremen Szene. Nach einer Anfrage von Panorama an den AfD-Landesvorstand verschwand das Bild von Legrums Facebook-Seite. Die AfD teilte lediglich mit, dass das Foto "dem Landesverband nicht bekannt" sei.

18. September

Kay Nerstheimer wird als Direktkandidat der AfD in das Berliner Abgeordnetenhaus gewählt. Das ehemalige Mitglied der rechtsextremen "German Defence League" bezeichnete syrische Flüchtlinge als "einfach widerliches Gewürm" und Homosexuelle als "degenerierte Spezies". Obwohl Nerstheimers Ansichten bekannt waren, stellte die Partei ihn als Kandidaten auf. Nerstheimer verzichtet nach der Wahl auf die Fraktionsmitgliedschaft, die AfD leitet nach scharfer Kritik ein Parteiausschlussverfahren ein.

AfD  Foto: Julian Feldmann

Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen, will nichts von der rechtsextremen Gesinnung des "Arbeitskreises für deutsdche Politik" gewusst haben. Er trat bei einer Tagung als Referent auf.

5. November

Der niedersächsische AfD-Landeschef Armin Paul Hampel tritt auf einer Tagung des rechtsextremen "Arbeitskreis für deutsche Politik" in Hollenstedt bei Hamburg als Referent auf. Gegenüber dem NDR behauptet Hampel, von dem verfassungsfeindlichen Hintergrund des "Arbeitskreises" nichts gewusst zu haben.

15. November

Die Staatsanwaltschaft Berlin lässt die Wohnung von AfD-Politiker Wolfgang Hebold durchsuchen. Gegen den 57-Jährigen, der weiterhin das Vertrauen der AfD in Berlin-Lichtenberg genießt, wird wegen Volksverhetzung ermittelt. Im Juni war Hebold bereits wegen fremdenfeindlicher Aussagen als Hochschuldozent entlassen worden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 22.09.2016 | 21:45 Uhr