Vor dem Parteitag: Schlammschlacht bei der AfD

von Ben Bolz & Robert Bongen

Es ist bezeichnend: Am Mittwochvormittag hatte AfD-Vize Alexander Gauland Panorama noch ein Interview gegeben, zur Führungskrise der AfD, zur Diskussion um die mögliche alleinige Spitzenkandidatur von Frauke Petry für die die Bundestagswahl. Er vermutete ein Video "wo sie sagt, dass sie das alleine machen will."

Keine drei Stunden später veröffentlichte die AfD-Parteisprecherin ein Video - verkündete darin allerdings, dass sie nicht als Spitzenkandidatin zur Verfügung stehen wolle, weder alleine noch im Team. Gauland wußte davon offenbar nichts. Petry nutze die Gelegenheit, im Video auch nochmal auszuteilen - gegen die Kritiker ihres Kurses in der Partei: Das Außenbild der AfD sei immer wieder "durch unabgestimmte, also die Parteiführung völlig überraschende, maximale Provokation weniger Repräsentanten" geprägt.

Vor dem Parteitag: Schlammschlacht bei der AfD
Interner Machtkampf in der AfD: Kommunizieren wird fast nur noch über Videobotschaften, der Bürger wird zum Zuschauer der parteiinternen Schlammschlacht.

Machtkampf in der Führungsspitze

Petrys Videobotschaft kurz vor dem Kölner Parteitag - es ist der vorläufige Höhepunkt eines monatelangen Machtkampfes in der Führungsspitze des AfD, der nur allzu gerne öffentlich ausgetragen wird. Konrad Adam gehört zu den Vätern der Partei, war lange Parteisprecher. Er kennt Gauland und die zerstörerischen Kräfte des Spitzenpersonals gut, beobachtet schon lange: "Mit Sägearbeiten ist in der Partei fast jeder beschäftigt".

In der Tat - gesägt wurde viel in der letzten Zeit. Ein einschneidendes Ereignis dabei: Als Petrys Co-Chef Jörg Meuthen dem Problem des Antisemiten Wolfgang Gedeon in seiner AfD-Fraktion in Baden-Württemberg nicht Herr zu werden schien, eilte Frauke Petry nach Stuttgart und stellte Meuthen öffentlich bloß. Seitdem tobt die Schlammschlacht: Nach der sogenannten Dresdner Rede von Björn Höcke forderte sie öffentlich dessen Parteiausschluss, doch noch am gleichen Tag widerspricht ihr Alexander Gauland - ebenfalls vor laufenden Kameras. Die Fronten sind verhärtet, es scheint als ob einige Protagonisten, vor allem Petry und Gauland, nur noch über Videobotschaften kommunizieren. "Die Öffentlichkeit ist eine Bühne, auf der man Macht einsetzen kann und muss", erklärt Konrad Adam. "Welche Alternative haben Sie denn? Die Intrige, die Inszenierung hinter der Bühne. Da ist mir die Schlammschlacht auf offener Bühne immer noch lieber."

"Geheimtreffen" mit "Verbündeten"

Alexander Gauland © NDR Foto: NDR

Auf einem "Geheimtreffen" berät AfD-Vize Alexander Gauland darüber, wie die alleinige Spitzenkandidatur Petrys zu verhindern wäre. Doch das bleibt natürlich nicht "geheim".

So tickt die AfD. Dabei beteuern doch immer alle, dass sie genau das nicht wollen. "In der Öffentlichkeit nicht über innerparteiliche Dinge zu reden, das müssen andere Kollegen noch lernen", betonte Frauke Petry schon vor Monaten. Nur - daran hält sich keiner, nicht einmal Marcus Pretzell, Petrys Ehemann, der AfD-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen. Da wird selbst ein Streit über einen arbeitsrechtlichen Vorgang mit einem politischen Berater öffentlich via Facebook ausgetragen. Und Gauland? Nimmt an einem "Geheimtreffen" mit "Verbündeten" teil, wo besprochen wird, wie die alleinige Spitzenkandidatur Petrys verhindert werden kann. Rein zufällig landet auch die Informationen aus diesem "Geheimtreffen" in den Medien. "Das sollte eigentlich nicht in die Öffentlichkeit kommen", sagt Gauland dazu, "aber so ist die Welt". Ja, so ist die AfD-Welt - in der trotzdem ein jeder aus der Führungsspitze regelmäßig betont, dass es ihm nur um das Wohl der Partei gehe.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 20.04.2017 | 21:45 Uhr