Stand: 18.07.13 10:00 Uhr

Das Märchen vom Sparen: Wie Hessen mit den Schulden trickst

von Nils Casjens & Johannes Edelhoff
Volker Bouffier

Spart angeblich, wo er nur kann: Volker Bouffier.

Er spart und spart und spart - das hat sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier auf die Fahnen geschrieben. In kaum einer Rede kommt er ohne seine Lieblingsbotschaft aus: "Wir können nicht so weitermachen wie in den ganzen vielen Jahren zuvor, dass wir ständig mehr ausgeben als wir einnehmen."

Denn: "Wer immer weiter nur Schulden macht, verfrühstückt heute die Zukunft der nächsten Generation. Das wollten wir nicht, und das ist auch die Richtschnur für unsere Zukunft." Das besondere an Bouffiers Sparmodell: Er gibt trotzdem ordentlich Geld aus - aber die Schulden versteckt er woanders.

Straßen werden "vorfinanziert"

So hat er zum Beispiel ein Programm für mehr als 100 Millionen Euro aufgelegt, mit dem neue Umgehungsstraßen gebaut werden sollen. Aber die Kosten tauchen im Landeshaushalt momentan nicht auf. Denn das Land hat einen Trick gefunden, der nach einem ganz einfachen Prinzip funktioniert: Baue jetzt, buche die Schulden auf ein anderes Konto - und zahle später.

In Trebur in Südhessen zum Beispiel soll demnächst mit den Bauarbeiten begonnen werden. Jahrelang wird die Kommune die Straßen vorfinanzieren und bekommt erst ab 2020 das Geld vom Land Hessen zurück. Damit werden schon heute die Straßenbaugelder aus der Zukunft ausgegeben.

Experten sprechen von "Täuschung"

Prof. Dr. Gustav A. Horn, Böckler Stiftung

Prof. Gustav Horn hält wenig von Hessens Strategie.

Dass das wenig zu seinem Sparversprechen passt, kümmert Bouffier offenbar wenig. "Wir geben heute das Geld verantwortlich aus, um die Zukunft zu gewinnen", antwortet er vieldeutig im Panorama-Interview. Wirtschaftswissenschaftler Prof. Gustav Horn stellt Bouffier ein verheerendes Zeugnis aus: "In Hessen wird eine Strategie erkennbar, dass Ausgaben von heute versteckt werden in Schattenhaushalten und erst in Zukunft wieder in die ordentlichen Haushalte zurückgeführt werden. Das ist eine Täuschung."

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 18.07.2013 | 21:45 Uhr