Stand: 24.07.06 17:14 Uhr

Militärexperten beschuldigen US-Soldaten des Mordes

Schüsse auf verwundete Iraker vor laufender Kamera. US-Regierung lehnt jede Stellungnahme ab.

Vor laufender Kamera haben US-Soldaten im Irak auf Verwundete geschossen. Dies belegen Videos, die dem ARD-Magazin Panorama vorliegen. US-General Robert G. Gard, der heute für die amerikanische Stiftung der Vietnam-Veteranen arbeitet, bezeichnet in PANORAMA diese Vorfälle als "unentschuldbare Morde". Auch für den Hamburger Völkerrechtler Prof. Stefan Oeter wäre das Erschießen von Verwundeten ein "Kriegsverbrechen".

Schüsse auf Verwundete - US-Soldaten als Kriegsverbrecher
US-Soldaten haben im Irak auf Verwundete geschossen. Zwei dieser Fälle wurde durch Filmkameras dokumentiert.

Einer der beiden dokumentierten Vorfälle ereignete sich am 1. Dezember 2003 nördlich von Bagdad. Die Luftaufnahmen stammen aus der Zielkamera eines Apache-Helikopters der 4. U.S.-Infanteriedivision. Sie zeigen drei Personen am Boden, die sich nachts neben zwei Fahrzeugen treffen und einen Gegenstand neben die Straße legen, den die Soldaten für eine Waffe halten. Die Hubschrauber-Besatzung erhält daraufhin über Sprechfunk den Befehl, die Personen zu erschießen. Nachdem zwei bereits getötet sind und einer sich schwer verletzt auf dem Boden windet, fragt ein Soldat aus dem Hubschrauber, ob er den Verwundeten auch noch erschießen soll. Die Antwort über Sprechfunk: "Hit him!" ("erschieß ihn!"). Direkt danach wird eine weitere Salve aus dem 30-MM-Bordgeschütz auf den Verwundeten abgefeuert. Insgesamt fallen fast 100 Schüsse.

US-Soldaten stehen vor der amerikanischen Nationalflagge © dpa Foto: Frank May

Der zweite dokumentierte Vorfall wurde am 8. April 2003 von einer CNN-Kamera aufgenommen. Eine Einheit der US-Marines erschießt während der Durchsuchung eines Industriegebiets bei Bagdad einen vorher bereits schwer verwundeten Iraker. Danach ist auf dem Video Jubel der US-Soldaten zu hören. Nach Ansicht von Experten spricht auch hier vieles für eine eindeutige Verletzung des Völkerrechts, die eine Untersuchung dringend erfordern würde. Denn nach der Genfer Konvention ist das Erschießen von kampfunfähigen Verwundeten weder im Krieg noch in einer Besatzungssituation erlaubt.

Das US-Verteidigungsministerium lehnt hingegen auf Panorama-Anfrage jegliche Auskünfte ab. Theoretisch ließen sich solche Vorfälle auch durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag untersuchen. Allerdings sind die USA dem entsprechenden Abkommen bisher nicht beigetreten.

26. Februar 2004

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 22.02.2004 | 20:15 Uhr