Geld vom Waffenhändler - CDU verschweigt weitere Schreiber-Spenden

von Bericht: Volker Steinhoff

Anmoderation

PATRICIA SCHLESINGER:

Guten Abend und willkommen zu einer neuen Ausgabe von PANORAMA.

Die Parteispendenaffäre ist noch lange nicht ausgestanden, aber es ist ruhiger geworden um die CDU, auch wenn noch längst nicht alle entscheidenden Fragen beantwortet sind. Heute wieder im Untersuchungsausschuss - viele Fragen und so gut wie keine Auskünfte von den CDU-Funktionären. Doch an der Basis, in den Kreisverbänden der Partei hat man den Ruf nach Aufklärung sehr ernst genommen und die eigenen Kassenberichte durchgeforstet. Und siehe da, auch hier taucht der Name des Großspenders Schreiber auf. Davon wußte auch die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister - und schwieg. Jetzt bezichtigen selbst Unionsmitglieder die ehemalige Parteiführung der dubiosen Machenschaften - mit Recht.

Geld vom Waffenhändler: CDU verschweigt mehr Schreiber-Spenden
In den Kassenberichten der CDU taucht immer wieder der Name des Großspenders Schreiber auf. Unbekannt war das nicht.

Volker Steinhoff hat die Einzelheiten.

KOMMENTAR:

Sie war eine der Schlüsselfiguren im System Kohl: Brigitte Baumeister, langjährige Schatzmeisterin der CDU. Im Untersuchungsausschuss wurde und wird sie vor allem nach einem Thema befragt: der 100.000 Mark-Spende des Waffenhändlers Schreiber im Jahr 1994. Auf die PANORAMA-Frage, ob es im gleichen Jahr noch weitere, bisher verschwiegene Schreiber-Spenden gab, nur Ausflüchte.

0-Ton

BRIGITTE BAUMEISTER:

(ehem. CDU-Schatzmeisterin)

"Ich könnte Ihnen nicht runterbeten in den letzten acht Jahren, was ich als Spenden eingesammelt habe. Da gibt’s doch nichts zu sagen, was sollte es denn dazu zu sagen geben?"

KOMMENTAR:

Wie immer: nur nichts zugeben. Denn es gab weitere Spenden, die die CDU bis heute verschwieg.

20.000 Mark spendete Waffenhändler Karlheinz Schreiber an die CDU in Böblingen. Das ist der Wahlkreis von Brigitte Baumeister. Der Überweiser: Die Schreiber-Firma Bayrische Bitumen-Chemie. Baumeister erwähnte die 20.000 Mark von Schreiber nicht im Rechenschaftsbericht, scheinbar korrekt, denn nur Spenden über 20.000 Mark sind meldepflichtig.

Doch im selben Jahr gab es noch eine weitere Spende an die CDU, diesmal in Göttingen. Auch hier der Überweiser die Schreiber-Firma Bayrische Bitumen-Chemie.

0-Ton

HARALD NOACK:

(CDU Göttingen)

"Am 24. Januar 1994 ist auf unser Konto, CDU Kreisverband, eine Spende über 5.000 Mark von der - wie ich jetzt weiß - Schreiber-Firma Bayrische Bitumen-Chemie eingegangen. Wir haben diese Spende ordnungsgemäß verbucht, in unseren Rechenschaftsbericht aufgenommen, an die Niedersachsen-CDU weitergeleitet, und von dort aus ist dieser Rechenschaftsbericht an die Bundespartei, mithin auch an Frau Baumeister gegangen."

KOMMENTAR:

Die Frau, die heute nichts sagen will, wusste also Bescheid: 5.000 Mark aus Göttingen, 20.000 aus ihrem eigenen Wahlkreis in Böblingen, macht zusammen 25.000 vom Waffenhändler Schreiber an die CDU. Und wie gesagt: alles über 20.000 Mark muss im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden, auch wenn es in mehreren Teilbeträgen kommt.

0-Ton

INTERVIEWER:

"Ist Ihre Spende im Rechenschaftsbericht der Bundes-CDU ausgewiesen worden?"

HARALD NOACK:

"Unsere Spende ist im offiziellen Bericht der CDU nicht ausgewiesen worden, weil sie 20.000 Mark nicht übersteigt. Sie hätte ausgewiesen werden müssen, zusammen mit der Spende an Böblingen, denn beide zusammen sind 25.000 Mark und deswegen veröffentlichungspflichtig."

INTERVIEWER:

"Warum ist sie nicht ausgewiesen worden?"

HARALD NOACK:

"Das entzieht sich unserer Kenntnis."

INTERVIEWER:

"Zuständig war damals die Schatzmeisterin Baumeister, haben Sie über Ihren Landesverband versucht, Frau Baumeister danach zu fragen?"

HARALD NOACK:

"Ich weiß nur, dass sie mit den Schultern gezuckt hat und weitergegangen ist. Ich glaube, dass sie aus irgendwelchen Gründen, aus persönlichen Gründen diese Spende damals und auch heute nicht veröffentlicht sehen wollte."

KOMMENTAR:

Das Schweigen der CDU-Funktionärin geht weiter, allen Fakten zum Trotz.

0-Ton

INTERVIEWER:

"Sie haben 20.000 Mark von Böblingen, 5.000 Mark von Göttingen bekommen, warum haben Sie das nicht verbucht?"

KOMMENTAR:

Die Vertuschungsaktion der ehemaligen Schatzmeisterin wird die CDU einiges kosten: 50.000 Mark sind demnächst fällig - und neue, peinliche Fragen, mal wieder.

Abmoderation

PATRICIA SCHLESINGER:

Wir fragten bei der CDU-Zentrale nach, wollten wissen, warum die Spenden im Rechenschaftsbericht nicht auftauchen. Die Antwort kam per Fax: ein Computerfehler sei schuld. Aber man sei auf das Versäumnis inzwischen durch den Bericht der Wirtschaftsprüfer aufmerksam geworden. Auf die Bitte, uns doch aus diesem Bericht die entsprechenden Passagen zu faxen, musste die CDU allerdings passen. Aber man werde die Spenden nun unverzüglich nachmelden, ließ man uns wissen. Jetzt bleibt wohl auch nichts anderes mehr übrig.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 27.04.2000 | 21:00 Uhr