Neue Mitte TV

Anmoderation

PATRICIA SCHLESINGER:

In tiefe Depression ist die SPD gesunken. Die Volkspartei im Stimmungstief. Dabei - so unsere Meinungsforscher - liege es weniger an den vielleicht falschen Inhalten der derzeitigen SPD-Politik, sondern vielmehr an deren falscher Vermittlung. Die Regierung solle "mit einfachen Worten aufklären", so heißt es. Politik leicht gemacht also, damit wir sie verstehen, so soll es sein. Der neue Generalsekretär Franz Müntefering hat offenbar schon Abhilfe und Trost für die geschundenen Seelen der Genossen gefunden, pünktlich zum Jahrestag der Wahl. Zur Aufmunterung der frustrierten SPD-Ortsvereine und der vielleicht doch letzten unsicheren SPD-Wähler hat er ein neues Programm entworfen, ein neues Fernsehprogramm. "Neue Mitte TV" heißt es, und meine Kollegin Michaela Wich-Glasen hat die erste Ausgabe der neuen Sendung exklusiv für PANORAMA beschaffen können. Neue Mitte TV.

Neue Mitte TV
Satire: Franz Müntefering hat zur Aufmunterung der frustrierten SPDler das Fersehprogramm "Neue Mitte TV" entworfen.

KOMMENTAR:

Die Neue Mitte feiert allerorten ihre großartigen Wahlerfolge. Auch bei der Landtagswahl in Sachsen kam die SPD wieder ohne Probleme über die Fünf-Prozent-Hürde. Wie hier in der Innenstadt von Dresden kam es in ganz Sachsen zu spontanen Jubelkundgebungen der SPD-Ortsvereine.

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SPRECHER:

"Guten Abend, liebe Wählerinnen und Wähler, willkommen bei Neue Mitte TV. Die Regierung der Neuen Mitte gibt bekannt, daß sämtliche Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen durchweg als Erfolg zu bewerten seien. Man müsse sie nur richtig einordnen, so Bundeskanzler Schröder."

KOMMENTAR:

Es werde viel zu wenig berücksichtigt, so der Kanzler, daß die SPD bei allen Wahlen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR von 1946 bis 89 überhaupt keine Stimmen erhalten hat. Demgegenüber konnten sich die Sozialdemokraten zum Beispiel in Sachsen um verblüffende 10,7 Prozentpunkte steigern. Ein beachtlicher Erfolg! Die PDS hingegen ist eindeutig der Verlierer der Wahl. Während die SED zwischen 46 und 89 auf durchschnittlich 99 Prozent kam, hat ihre Nachfolgepartei PDS um eklatante 76,8 Prozentpunkte abgebaut.

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SPRECHER:

"Bereits ein Jahr nach Übernahme der Regierung sind die Erfolge der Neuen Mitte bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unübersehbar. Beim 93. Treffen des Bündnisses für Arbeit kam es zu einem überraschenden Durchbruch."

KOMMENTAR:

Alle anwesenden Vertreter von Regierung und Interessengruppen haben sich darauf geeinigt, daß Arbeitslosigkeit echt ein Problem sei. Auf diesem Konsens lasse sich aufbauen, so Bundeskanzler Schröder auf der anschließenden Pressekonferenz.

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GERHARD SCHRÖDER:

"Alles ist neu."

KOMMENTAR:

Mit Stolz verweist die Regierung auf ihr Programm zur Wiedereingliederung arbeitslos gewordener Spätfünfziger. So konnte dank des Aktionsprogramms dem 57jährigen Hans Eichel aus Kassel eine neue Stelle vermittelt werden. Auch der 57jährige Reinhard Klimmt, der vollkommen unerwartet vor dem beruflichen Aus stand, hat nun einen neuen Job. Gesucht wird jetzt noch eine adäquate Tätigkeit für den ehemaligen Bundesgeschäftsführer der Neuen Mitte, Ottmar Schreiner. Herr Schreiner hat eine zufriedenstellende Auffassungsgabe und ist in der Lage, unter Anleitung einfache bis mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten.

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SPRECHER:

"Die Neue Mitte ist mit ihrem ersten Regierungsjahr insgesamt sehr zufrieden. Es gäbe zwar durchaus noch einige ungelöste Probleme, so Bundeskanzler Gerhard Schröder."

KOMMENTAR:

Aber dafür sei dieser Sommer wesentlich schöner und länger gewesen als der im Vorjahr. Und außerdem sei es der Bundesregierung gelungen, die Sonnenfinsternis nach Deutschland zu holen. Das habe die CDU/CSU in 16 Jahren Regierungszeit nicht geschafft.

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SPRECHER:

"Das war Neue Mitte TV, das unabhängige Nachrichten-Magazin der Neuen Mitte - einen schönen guten Abend.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 23.09.1999 | 21:00 Uhr