Der Architekt und der Ministerialrat - Bonner Umzugsfunktionär sahnt ab in Berlin

von Bericht: Volker Steinhoff und Margarethe Wohlan

Anmoderation

PATRICIA SCHLESINGER:

Ein Mann trägt einen Umzugskarton. © NDR

Es wird ein Umzug de Luxe werden. Daß unsere Bonner Staatdiener, die nun nach Berlin umziehen, dort Edelwohnungen zu Vorzugspreisen angeboten bekommen, dazu regelmäßige Heimflüge, Billigdarlehen, großzügige Umzugspauschalen, Nachhilfeunterricht für die Kinder gar, an derlei Beamtensubventionen haben wir uns schon fast gewöhnt. Aber auch die Staatsdiener, die nicht direkt am reichhaltigen Umzugssegen aus des Staates Füllhorn teilhaben, finden Methoden, um dabei nicht ganz leer auszugehen.

Bonner Umzugsfunktionäre sahnen ab
Beispiel der Bevorzugung eines Bundesbeamten bei der Grundstücksvergabe im Waldviertel am Berliner Stadtrand.

Ein Beispiel von Volker Steinhoff und Margarethe Wohlan.

KOMMENTAR:

Ein Grundstück im Grünen, direkt am Berliner Stadtrand. Nur 165.000 Mark zahlte ein hoher Bundesbeamter für die Idylle. Im Preis eingeschlossen ein extra angelegter Teich. Die Nachbarn hier haben keinen Teich, mußten aber das Doppelte und Dreifache zahlen.

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KARIN FREYER:

(Nachbarin)

"Wenn man jetzt hört, daß also Grundstücke verkauft werden, die in der gleichen Lage sind, vielleicht sogar noch ein bißchen schöner, am Wald gelegen, die also wirklich dann zum Selbstkostenerstattungspreis weggehen, also die Hälfte unseres jetzigen Preises, dann muß ich sagen, dann packt einen schon die Wut."

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HANS-JOACHIM MAY:

(Nachbar)

"Ja, das ist ein dolles Ding, ist das, also wir sind absolut sauer deswegen."

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Nachbarin:

"Empört, würde ich sagen, also sauer ist zu wenig. Also das sind ja schon richtige Machenschaften, was hier passiert."

KOMMENTAR:

Der glückliche neue Besitzer des Schnäppchens am Teich ist Ministerialrat im Bundesbauministerium, Außenstelle Berlin. Sein Name: Guido Zielke. Über das billige Teichgrundstück will er mit uns vor der Kamera nicht reden, er läßt andere für sich sprechen.

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ROBERT SCHOLL:

(Bundesbauministerium)

"Sie haben ja schon von dem Teichgrundstück gesprochen - das ist eher eine negative Auflage. Es gehört eben zu den Verpflichtungen, dies zu unterhalten, instandzuhalten, auch öffentlich zugängig zu halten. Und es gibt eine Reihe von anderen Auflagen, die sich mit Sicherheit auch nach Kenntnis der örtlichen Situation verkaufspreismindernd ausgewirkt haben."

KOMMENTAR:

Ein extra angelegter Zierteich als "negative Auflage" - für die Logik braucht man schon einen Ministerialen. Ein Teich im Garten sei also nichts Schönes, sondern eine teure Belastung - man denke nur an das Fischfutter.

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BURKHARD ACKERMANN:

(Nachbar)

"Also, es erscheint mir ein bißchen abartig, vor allen Dingen: der Teich wurde seinerzeit auch als etwas Wertvolles angesehen."

KOMMENTAR:

Die Nachbarn vermuten ganz andere Gründe für den Sonderpreis - sie kennen die Fakten. Gekauft hat der Bundesbeamte Zielke das Teichgrundstück von einem Dr. Winkler aus Köln. Beide verbindet eine langjährige berufliche Beziehung, denn Architekt Winkler verkauft Grundstücke, und Zielke ist im Ministerium dafür zuständig, Bauflächen für die Bonner in Berlin auszusuchen - und der Bund braucht viel Bauland. So kaufte er auch diesen Acker in Stahnsdorf, wenige hundert Meter von dem Teichgrundstück entfernt. Und der Verkäufer war: Dr. Winkler. Er machte das Geschäft seines Lebens mit dieser und anderen Flächen: für 3 Millionen gekauft, für 17 Millionen verkauft. Der Grund: Durch das Bundesinteresse gab es eine Baugenehmigung, aus den billigen Äckern wurde teures Bauland.

Zuständig im Bauministerium ist normalerweise - wie gesagt - Ministerialrat Zielke - nur in diesem einen Fall angeblich nicht, sagt das Bauministerium.

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ROBERT SCHOLL:

(Bundesbauministerium)

"In diesem konkreten Fall war er nach meiner Kenntnis nicht zuständig, dies ist verhandelt worden, diskutiert worden hier in Bonn."

KOMMENTAR:

Komisch - der Bürgermeister von Stahnsdorf hat das ganz anders in Erinnerung: Da war niemand aus Bonn, es gab nur Zielke.

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HORST MUHSOLD:

(Bürgermeister Stahnsdorf)

"Es geht konkret seit dem Herbst vorigen Jahres, daß der Bund in persona von Herrn Zielke vorstellig geworden ist und sagte, er ist Eigentümer und beabsichtigt, dort Flächen für Bundesbedienstete bereitzustellen."

KOMMENTAR:

Dr. Winkler hat also nicht nur die teuren Äcker an den Bund verkauft, sondern auch das supergünstige Teichgrundstück an den Ministerialrat Zielke. Da gäbe es Fragen.

Interviewversuch bei Dr. Winkler.

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INTERVIEWER:

"Wir suchen Herrn Winkler."

DR. WINKLER:

(Grundstücksverkäufer)

"Ist hier."

INTERVIEWER:

"Wir würden Sie gerne fragen, was Sie zu dem Vorwurf der Bestechung sagen."

DR. WINKLER:

"Ich sage nichts. Diese miese Methode, so etwas unter die Leute zu bringen, ist schlimm."

KOMMENTAR:

Alle anderen hier haben wie Zielke auch vom schweigsamen Dr. Winkler gekauft, nur eben zum doppelten und dreifachen Preis. Allerdings gibt es noch eine Ausnahme: Eine Frau ergatterte das andere Teichgrundstück zum gleichen Schnäppchenpreis wie Zielke. Die glückliche Käuferin - man glaubt kaum noch an Zufall - ist die Schwester des Ministerialrats Zielke.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 09.04.1998 | 21:00 Uhr