Fragwürdige Schleichwerbung

von Bericht: Theodor von Keudell und Klaus Wiendl

JOACHIM WAGNER:

Guten Abend, meine Damen und Herren,

Margarethe Schreinemakers © picture alliance

zunächst herzlichen Dank dafür, daß Sie sich für PANORAMA und gegen Margarete Schreinemakers entschieden haben, deren Sendung zeitgleich begonnen hat. Sie werden nichts versäumen, wenn Sie bei uns bleiben, denn auf ihre Steuerakte und den Zoff mit SAT 1 will Frau Schreinemakers erst kurz vor Mitternacht eingehen. Zum Show-down, dem angekündigten Abschalten ihrer Talkshow, wird es erst dann kommen, wenn die meisten von Ihnen bereits lange im Bett liegen. Allerdings - ganz verschonen wollen wir Sie mit dem Thema des Tages nicht. Theodor von Keudell und Klaus Wiendl schildern einen Fall fragwürdiger Schleichwerbung in "Schreinemakers live".

Schreinemakers: Fragwürdige Schleichwerbung
Bei der fragwürdigen Schleichwerbung in der Sendung "Schreinemakers Live" hat Nokia den Rivalen Philips ausgebootet.

KOMMENTAR:

Margarete Schreinemakers, die unbestrittene Quotenkönigin der deutschen Talkmasterinnen. Der Werbeindustrie ist ihre Sendung Millionen wert. Begehrt auch: Werbung, die nicht gleich ins Auge fällt, zum Beispiel die Studioausstattung. Diese Monitore stellte zwei Jahre lang Philips, bis Konkurrenten mehr boten und Philips aus dem Geschäft war.

0-Ton

HANS-JOACHIM KAMP::

(Mitglied der Geschäftsleitung Philips)

"Anfang 1994, als die Einschaltquoten nach oben gingen, kam die Anfrage an uns, die mehrfache Einblendung eines TV-Gerätes mit einem Logo entsprechend mit 250.000 bis 300.000 DM zu bezahlen. Dieses haben wir abgelehnt, und einige Wochen später erschien ein anderes TV-Gerät eines Herstellers mit entsprechendem Logo in der Sendung."

INTERVIEWER:

"Wissen Sie, wer die Forderung an Sie herangetragen hat noch?"

HANS-JOACHIM KAMP:

"Das kann ich jetzt ad hoc nicht sagen, ich weiß nur, daß es nicht die Produktionsgesellschaft war, mit der wir 1992 in Unterhandlung waren, Atlantic Media, es war entweder Telemaus oder Living Camera."

KOMMENTAR:

Das sind zwei Firmen, die für Schreinemakers tätig sind. Seit Januar 94 sind Nokia-Geräte im Schwenkbereich der Kameras. Angeblich für 300.000 Mark, wie BILD AM SONNTAG damals berichtete. In diesem Preis enthalten: Elektrogeräte, die kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Diese Schleichwerbung rief die Medienwächter auf den Plan.

0-Ton HARALD ZEHE: (Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter Rheinland-Pfalz)

"Als Schleichwerbung gilt, wenn zum einen etwas plaziert wird, damit man es entsprechend wahrnehmen kann, und insbesondere wenn Geld geflossen ist. Wir haben den Veranstalter, also SAT 1 - das ist ja unser Ansprechpartner -, angehört. Es wurde uns dann umgehend über SAT 1 die Bestätigung von Nokia zugeleitet, daß kein Geld geflossen sei."

KOMMENTAR:

Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt - doch offenbar zu früh. Nokia hatte doch bezahlt.

0-Ton

HENDRIK RUTENBECK:

(Marketingleiter Nokia)

"Der Vertrag läuft von 1994 beginnend bis Ende dieses Jahres. Vertragspartner ist für uns eine TV- Marketing-Firma aus München, und die Beträge, die wir dort gezahlt haben, bewegen sich um die 100.000 DM."

INTERVIEWER:

"Pro Jahr?"

HENDRIK RUTENBECK:

"Nein, für den gesamten Zeitraum."

INTERVIEWER:

"Hat sich dieser Einsatz für Sie gelohnt?"

HENDRIK RUTENBECK:

"Auf jeden Fall."

INTERVIEWER:

"Würden Sie so etwas auch wieder machen?"

HENDRIK RUTENBECK:

Unter gewissen Voraussetzungen ja."

KOMMENTAR:

Schleichwerbung gegen Geld. Nach SAT 1-Produktionsverträgen ist das ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung nicht gestattet.

PANORAMA wollte von dem Empfänger der 100.000 Mark, der TV-Marketing-Agentur in München, wissen, was mit dem Geld passiert sei, das Nokia bezahlt habe. Die Agentur verweigerte hierüber jede Auskunft. Begründung: Diskretion gegenüber Kunden.

Margaretes Ehemann Werner Klumpe, Rechtsanwalt in Köln und Alleingesellschafter der Firma Telemaus, die "Schreinemakers live" produziert, antwortete auf präzise PANORAMA-Fragen nur, von Nokia kein Geld erhalten zu haben. Ein Dementi, das die Frage nicht beantwortet, ob er von der Münchner Firma Geld erhalten habe.

Wo also sind die 100.000 Mark geblieben, die für Schleichwerbung bezahlt wurden? Wer profitiert davon? Fragen, die der Familie Schreinemakers noch Kopfzerbrechen bereiten werden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 22.08.1996 | 21:00 Uhr