Kommentar

Stand: 05.03.21 11:57 Uhr

Verschärfte Sicherheitsüberprüfung von Soldaten: Gut, aber nur ein Anfang

von Caroline Walter

Ein Gesetzesentwurf sieht vor, die Sicherheitsüberprüfung von Soldaten und Soldatinnen zu verschärfen, die in besonders sicherheitsempfindlichen Bereichen eingesetzt sind. Nur ein Anfang, meint Caroline Walter. Denn Vorfälle müssten auch konsequent verfolgt werden.

Caroline Walter © NDR Foto: Christian Spielmann

Panorama-Autorin Caroline Walter.

Die Bundeswehr führt einen mühsamen Kampf gegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen. In den letzten Jahren folgte ein Skandal dem nächsten, beim Kommando Spezialkräfte (KSK), aber auch in anderen Einheiten. Denn eine rechte Gesinnung fällt nicht automatisch während des Dienstes auf, aber an anderer Stelle schon - in den sozialen Medien. Doch bisher war das ein blinder Fleck für den Militärischen Abschirmdienst MAD.

Blinder Fleck: Soziale Netzwerke

Panorama berichtete erstmals über dieses Problem im März 2020. Bei Recherchen in den sozialen Netzwerken stießen wir auf Soldaten und Soldatinnen, die sich mit Rechtsextremen vernetzen und deren rassistische, fremdenfeindliche Inhalte teilen. Diese Fälle  waren dem MAD nicht bekannt. Dabei sollte dies bei Sicherheitsüberprüfungen des MAD passieren. Doch genau die hatten bisher Lücken – der Fokus auf die sozialen Netzwerke fehlte.

Soziale Medien rücken in den Fokus

In Zukunft soll sich das ändern, wie jetzt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zeigt. Dieser sieht vor, die Sicherheitsüberprüfung von Soldatinnen und Soldaten zu verschärfen, die in besonders sicherheitsempfindlichen Bereichen eingesetzt sind. Dabei sollen die Auftritte in den sozialen Netzwerken nun endlich ins Visier genommen werden: Welche Netzwerke werden genutzt, und unter welchen Namen oder Pseudonymen. Die Bundeswehr weiß, dass die Zahlen rechtsextremer Verdachtsfälle alarmierend sind, dass die Waffenfunde bei Soldaten ein Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft darstellen. Die neuen Befugnisse mit Blick auf die sozialen Netzwerke sind wichtig, aber nur ein Anfang.

Bundeswehr: Rechtsextreme bleiben, Informant muss gehen
Rechtsextreme Soldaten zeigen in den sozialen Netzwerken ungeniert ihre Gesinnung - aber statt alle zu entlassen, trennt sich die Bundeswehr vom Whistleblower, der sie gemeldet hat.

Unklar bleibt, wie weitreichend die Ermittlungsbefugnisse des MAD tatsächlich ausfallen werden. Beschränkt sich die Überprüfung nur auf die öffentlich zugänglichen Informationen, würde das am Ende wahrscheinlich wenig bringen. Gerade bei unseren Recherchen fällt immer wieder auf, dass Soldatinnen und Soldaten, die dem MAD als Verdachtsfälle gemeldet wurden, weil sie beispielsweise regelmäßig auf Social Media rassistische Inhalte verbreiten oder rechtsextremen Kampfsportgruppen folgen, plötzlich ihre Profile bereinigen und in der Truppe verbleiben können.

Blinder Fleck Reserve

Der Gesetzentwurf geht auch eine weitere Lücke in der Überprüfung an, und zwar die der Reservisten. Diese sollen vor einer Wehrübung eine einfache Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen - ähnlich wie bei neu eingestellten Soldatinnen und Soldaten. Gerade hier ist die Gefahr groß, dass Rechtsextreme versuchen, über diesen Weg an eine Waffenausbildung zu gelangen. In dem Gesetzentwurf wird geschätzt, dass bei 25 Prozent der Reservistinnen und Reservisten eine Sicherheitsüberprüfung mit "sicherheitserheblichen Erkenntnissen" vorliegen werde. Eine erschreckend hohe Zahl, die zeigt, wie groß die blinden Flecken bisher waren. Die Sicherheitsüberprüfungen werden aber nicht ausreichen, um den Kampf gegen rechtsextreme Umtriebe in den Griff zu kriegen. Wichtig ist, dass Vorkommnisse in der Truppe konsequent verfolgt und geahndet werden und Soldaten wie Soldatinnen den Mut haben, diese zu melden. Denn nur wenn Vorgesetzte hinhören und hinschauen, wird sich grundlegend etwas ändern.  

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 05.03.2020 | 21:45 Uhr