Stand: 04.05.23 14:49 Uhr

Springer-Chef: Berichte auf Bestellung?

von Caroline Schmidt, Armin Ghassim

"Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird - und das kann sein - wird das grün rote Desaster vermieden." Diese Nachricht schickte der Chef des Springer-Konzerns Mathias Döpfner nach Recherchen der "Zeit" kurz vor der Wahl an die Chefredaktion der "Bild"-Zeitung, am 7. August 2021.

Springer-Chef: Berichte auf Bestellung?
Aus seinen politischen Vorlieben machte Springer-Chef Döpfner kein Geheimnis. Auffällig positiv berichtet "Bild" über die FDP.

Schlagzeile der "Bild"-Zeitung © NDR

Auffällig positiv berichtet beispielsweise die "Bild" Zeitung am 22. September 2021 auf Mathias Döpfners Textnachrichten über die FDP.

Kurz darauf legt er nach: "Kann man noch mehr für die FPD machen? Die sollten 16 Prozent mindestens kriegen." Ein Verleger, der von seinen leitenden Redakteuren parteiische Berichterstattung fordert. "Bild" dementiert auf Anfrage, dass die Redaktion sich von Döpfner beeinflussen ließ. Trotzdem stellt sich die Frage: Hat sich das in der Berichterstattung bemerkbar gemacht?

Positive Berichte über die FDP

Panorama hat die Berichterstattung vor der Wahl 2021 umfassend analysiert. Auffällig ist, dass nach diesen Textnachrichten und im Vorfeld der Bundestagswahl überwiegend positive Berichte über die FDP in der "Bild" erschienen. Und Schlagzeilen wie: "Alle Parteien brauchen die FDP: Wird Lindner zum Kanzlermacher?" oder "FDP will bundesweite Steuer-Stasi stoppen". Springer streitet auf Anfrage ab, dass es eine Beeinflussung der redaktionellen Arbeit gab. Döpfner selbst hat sich bereits öffentlich für die Inhalte der veröffentlichten Nachrichten entschuldigt. Ein Interview lehnte er auf Anfrage von Panorama ab.

Gegen Muslime und "für den Klimawandel"

Doch in den Textnachrichten Döpfners finden sich auch weitere Angaben zur politischen Richtung, die er sich offenbar von seinen leitenden Angestellten wünschte: "Free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs" sei die Haltung, schrieb er 2017 der neu eingesetzten Chefredaktion. Zum Thema Klimawandel schrieb er: "Ich bin für den Klimawandel". In der "Bild" finden sich in den folgenden Jahren massenhaft und fast ausschließlich negativ gefärbte Berichte über Muslime. Ebenso sind die Beiträge zum Thema Klimaschutz auffallend kritisch und stellen besonders die Nachteile und Kosten von Klimaschutz in den Vordergrund. Auch hier bestreitet Springer auf Nachfrage einen Zusammenhang zwischen Döpfners Textnachrichten und der Berichterstattung in der "Bild".

Gefahr für die Demokratie?

Gerhart Baum, FDP,  ehemalige Bundesinnenminister © NDR

Sieht in dem Verhalten Döpfners eine Gefahr: Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister.

Obwohl die Auflage der "Bild" in den letzten Jahren massiv zurückgegangen ist, ist sie immer noch die größte deutsche Tageszeitung. Was bedeutet es für unsere Demokratie, wenn dieses Massenmedium offenbar so einseitig von einem schwerreichen Milliardär gelenkt wird? Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum von der FDP sagt dazu im Gespräch mit Panorama: "Das ist eine Gefahr. Er fährt Kampagnen und klärt nicht auf, sondern verunsichert." Zur Berichterstattung über seine Partei sagt Baum: "Also ich habe bemerkt, dass die Bildzeitung in einer bestimmten Weise die FDP bevorzugt. Und das Schlimmste ist, wenn ein Verleger einen Redakteur, einen Journalisten zwingt, nur zu schreiben, was ist gut an der FDP oder CDU? Und nicht zu schreiben, was ist kritikwürdig."

Döpfner wird vermutlich auch weiterhin an der Spitze des Springer-Konzerns stehen, denn er ist der Chef, wer sollte ihn entlassen?

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 04.05.2023 | 21:45 Uhr