AfD: Verbieten bevor es zu spät ist?

von Sebastian Friedrich und Nils Schniederjann

Die AfD steht in Umfragen bundesweit bei über 20 Prozent, in den ostdeutschen Bundesländern sogar bei über 30 Prozent. Je nachdem, wie viele Parteien jeweils die 5-Prozent-Hürde überspringen, ist etwa in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sogar eine absolute Mehrheit nicht ausgeschlossen, sollte der Aufwärtstrend anhalten.

AfD: Verbieten bevor es zu spät ist?
Der CDU-Abgeordnete Wanderwitz will vom Bundestag ein AfD-Verbotsverfahren beantragen lassen. Ist das realistisch?

Gleichzeitig hat sich die Partei in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach rechts bewegt. Angesichts dessen fordert der ehemalige Ost-Beauftragte der Bundesregierung, der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz, ein Verbot der AfD.

Gefährdet die AfD unsere Demokratie?

Es müsse weiterhin versucht werden, die Partei politisch zu bekämpfen. "Aber ich bin mittlerweile der festen Überzeugung, dass ein Verbotsverfahren geboten ist, weil die AfD unsere Demokratie massiv von innen gefährden kann", so Wanderwitz.

Wanderwitz erhofft sich von einem Verbot eine Schwächung der rechtsradikalen Bewegung. Diese sei früher über viele Jahre zersplittert gewesen, die AfD führe das Spektrum nun mehr und mehr zusammen: "Das einende, wärmende Lagerfeuer der AfD ist mittlerweile aber so dominant, dass nahezu alles gebunden wird, was in diesem politischen Spektrum vorhanden ist".

Claus Leggewie © NDR

Claus Leggewie sieht keinen Sinn in einem Parteiverbot.

Kritiker eines Verbots wie der Politikwissenschaftler Claus Leggewie argumentieren, dass sich die Einstellung der Parteianhänger durch ein Verbot nicht ändern lasse. "Diese Anhänger werden sich eine neue Heimat suchen." 

Leggewie sieht in der Gesellschaft ein Grundpotenzial von etwa 10 bis 15 Prozent, die ein rechtes Weltbild teilen. Diese könne man nicht durch ein Verbot ihrer Partei zurückgewinnen.

36 Unterstützer benötigt

Ob eine Partei verboten wird, entscheidet in Deutschland das Bundesverfassungsgericht. Einen Antrag für ein Verbot kann vom Bundestag, dem Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden. Wanderwitz versucht gerade, im Bundestag Unterstützer zu finden, um von dort einen Verbotsantrag einzubringen. Dafür braucht er 36 Unterstützer.

Gegenüber Panorama erklärt er, dass er dafür Gespräche mit Abgeordneten aus seiner Fraktion führe, aber auch im Austausch mit Abgeordneten anderer Fraktionen sei. Sein eigener Fraktionschef, Friedrich Merz, hatte sich in der Vergangenheit gegen ein AfD-Verbot ausgesprochen. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und die Grünen-Chefin Ricarda Lang hingegen haben sich öffentlich aufgeschlossen für eine Verbotsinitiative gezeigt.  

Erfolgreicher Verbotsantrag umstritten

Ob ein Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich sein könnte, ist unter Juristen umstritten. Verschiedene Verfassungsrechtler halten ein Verbot für unwahrscheinlich und verweisen auf die hohen rechtlichen Hürden. Allerdings kam eine Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Juni 2023 zu dem Schluss, dass ein Verbot inzwischen durchaus möglich sei.

Durch ein Verbot würde die Partei ihre errungenen Mandate in allen Parlamenten verlieren. Das gilt vom Gemeinderat bis zum Europaparlament. Auch das Parteivermögen würde vom Staat eingezogen. Die Gründung direkter Nachfolgeorganisationen wäre ebenfalls verboten.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 05.10.2023 | 21:45 Uhr