Stand: 17.12.19 14:10 Uhr

Razzia: Millionen-Betrug mit Krebsmedikamenten?

Es war die größte Razzia, die in Hamburg je von der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft angeordnet wurde - am 17.12.2019 durchsuchten 420 Polizistinnen und Polizisten und sechs Staatsanwälte die Hamburger Firma ZytoService sowie 47 Objekte im Umfeld des Unternehmens unter anderem auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Dazu gehörten Privathäuser, Arztpraxen, Apotheken, ein Krankenhaus und mehrere Firmensitze in Hamburg. ZytoService ist der Marktführer bei der Herstellung von Infusionen für Krebstherapien. Bei der Razzia ging es um den Verdacht der Bestechung und des Betrugs. 

Verdacht auf Betrug: "Diesmal tragen die Kriminellen weiße Kittel"
"Das Geschäft mit Krebsmedikamenten ist - so zynisch es klingen mag - ein Wachstumsmarkt. Es geht um Milliarden. Und wo so viel Geld im Spiel ist, sind Kriminelle nicht weit. Oliver Schröm kommentiert den Verdacht auf Betrug mit Zytostatika.

Bestechungs- und Betrugsverdacht

Nach Recherchen von Panorama und "ZEIT Online" soll die Firma Ärzte bestochen und durch ein offenbar illegales Geschäftsmodell an lukrative Rezepte von Onkologen gelangt sein. Seit Januar 2017 sollen einzelne Ärztinnen und Ärzte neben sogenannten Kickback-Zahlungen in Höhe von mehr als 500.000 Euro auch "rückzahlungsfreie Darlehen, Nutzung luxuriöser Fahrzeuge oder anderweitige geldwerte Zuwendungen" wie Praxiseinrichtungen erhalten haben.

Patient bei der Chemotherapie © dpa - Report Foto: Gero Berloer

Eine Krebstherapie kostet bis zu 100.000 Euro. Die Rezepte sind deshalb für Apotheken und Herstellbetriebe wie ZytoService höchst lukrativ und heißen in der Branche "Pharmagold".

Im Gegenzug erhielt ZytoService über eine konzernnahe Apotheke von den Ärzten offenbar die lukrativen Rezepte für die Infusionen und rechnete sie wohl zu Unrecht bei den Kassen ab. Allein der Techniker Krankenkasse soll seit Januar 2017 nach Informationen von Panorama ein Betrugsschaden von 8,6 Millionen Euro entstanden sein.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft wirft nach Informationen von Panorama und "ZEIT Online" den Hauptbeschuldigten "Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen und Betrug" vor. Manager von ZytoService, darunter die drei Gründer, "sollen jeweils gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande gehandelt haben".

Viel Geld mit Krebsmedikamenten

Bei Krebserkrankungen entscheiden die Ärztinnen und Ärzte, an welche Spezialapotheken die Rezepte ihrer Patienten für die Infusionen mit Krebsarzneien gehen. Eine Krebstherapie kostet bis zu 100.000 Euro. Die Rezepte sind deshalb für Apotheken und Herstellbetriebe wie ZytoService höchst lukrativ und heißen in der Branche "Pharmagold".

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 19.12.2019 | 21:45 Uhr