Ein Nazi als Chefredakteur - Steuergelder für Rechtsterroristen

von Bericht: Thomas Berndt

Anmoderation PATRICIA SCHLESINGER:

Dafür werden andere gefördert. Vor sechs Jahren haben wir in Panorama einen Film gezeigt, in dem ein junger Nazi auftrat: Thomas Dienel, einer der brutalsten Hetzer der rechten Szene. Inzwischen hat er einige Jahre im Gefängnis verbracht, wegen eines Überfalls auf ein Asylbewerberheim, Volksverhetzung, Beleidigung, Betrugs und so weiter. Jetzt ist Thomas Dienel wieder da, aufgetaucht aus Knast und braunem Untergrund. Seine Arbeit setzt er fort, mit anderen Mitteln, mit Mitteln aus dem Landeshaushalt Thüringen, mit Steuergeldern also.

Nazi als Chefredakteur - Steuergelder für Rechtsterroristen
Der Neonazi Thomas Dienel ist Chefredakteur der "Stimme für Deutschland", die bei "Neues Denken" in Thüringen erscheint.

Was man als Verurteilter, nicht etwa geläuterter Nazi hier noch werden kann, zeigt der Film von Thomas Berndt.

KOMMENTAR:

So sieht er aus, ein Hoffnungsträger aus dem Osten: Zeitungsmacher Thomas Dienel, unterwegs mit Fahrer und Bodyguard. Sein Verlag "Neues Denken", ein aufstrebendes Projekt. Das haben in Thüringen auch die Behörden erkannt. So ein Mann muß gefördert werden, zumal an seiner Zielstrebigkeit - wie schon lange bekannt - kein Zweifel besteht.

0-Ton THOMAS DIENEL (in PANORAMA 1992):

"In Auschwitz wurde niemand umgebracht, und ich sage es klipp und klar: Leider wurde niemand umgebracht. Und wir als junge deutsche Generation haben leider niemand umgebracht. Und wir als junge deutsche Generation werden aber alles dafür tun, dass in Zukunft das deutsche Volk vom Joch des Weltjudentums, von den Weltparasiten befreit wird."

KOMMENTAR:

Die Ziele von damals, es sind seine Ziele von heute - nur jetzt staatlich gefördert. Da braucht man auch gar nichts zu verschweigen.

0-Ton THOMAS DIENEL (Chefredakteur):

"Ich glaub' an nationalsozialistisches Gedankengut, ich stehe auch fest auf der Grundlage des Deutschen Reiches."

KOMMENTAR:

Diesen Ideen will er jetzt noch mehr Gewicht verleihen, durch eine eigene Zeitung. "Stimme für Deutschland", ein rechtsradikales Massenblatt, hier präsentiert mit Verleger - der übrigens NPD-Mitglied, eben alte Kameraden.

0-Ton THOMAS DIENEL (in PANORAMA 1992):

"Da gibt es ein schönes Lied, das stammt leider nicht von mir: Auschwitz, Dachau und Buchenwald, da machen wir die Juden aufs Neue kalt."

KOMMENTAR:

Ein förderungswürdiger Mann, befand das Arbeitsamt und sponserte Dienels Verlag: 2.000 Mark Lohnkostenzuschuss pro Monat. Die Behörde war zwar spendabel, ist mittlerweile aber etwas wortkarg. Dazu kein Interview. Dienel hingegen zeigt sich dankbar.

0-Ton THOMAS DIENEL:

"Selbstverständlich hätten wir das Projekt nicht anfangen können ohne die staatliche Förderung. Also man braucht ja einen gewissen Vorlauf, man braucht einen Haufen finanziellen Rückenhalt, und den haben wir natürlich mit dieser Förderung gekriegt, und da drüber haben wir uns natürlich gefreut. Aber wer freut sich da nicht drüber, ist ganz normal."

INTERVIEWER:

"Hat das Ihre politische Gesinnung beeinflusst?"

THOMAS DIENEL:

"Mit nichten."

KOMMENTAR:

Der zielstrebige Chefredakteur kassierte aber nicht nur Fördergelder vom schweigsamen Arbeitsamt, besonders dankbar war er über die zusätzliche Unterstützung vom Thüringer Sozialministerium. Das gewährte noch einmal 23.200 Mark extra, aus Steuergeldern - Existenzgründungsbeihilfe. Der Antrag war schließlich gestellt, mit deutscher Gründlichkeit.

0-Ton KLAUS SCHRÖDER (Sozialministerium Thüringen):

"Wir sind keine Behörde, die auf die politischen Implikationen im Prinzip zu achten hat. Das heißt: Wichtig ist, ob das, was in den Anträgen steht, Erfolg verspricht, Arbeitslosigkeit abzubauen. Das ist in der Tat das primäre Prüfkriterium. Bei einem Verlag, wenn Sie darauf hinaus wollen, hätte man in der Tat genauer hinschauen müssen. Das ist der Punkt, von dem ich eben schon sagte, wir bedauern das. Wir finden das, was da passiert ist, administrativ passiert ist, politisch überhaupt nicht vertretbar und auch rechtlich eigentlich nicht angemessen."

KOMMENTAR:

Mittlerweile fordert das Ministerium zurück, was noch zu holen ist. Der junge Verlag nämlich ist schon wieder pleite. Dienel selbst aber bleibt der Trost, nun Arbeitslosengeld zu kassieren - wohl den Höchstsatz. Als Chefredakteur hatte er schließlich monatelang ein Spitzengehalt. Dienel - eben ein echter Hoffnungsträger.

0-Ton

"Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg Heil."

Abmoderation PATRICIA SCHLESINGER:

Mit seinem Arbeitslosengeld macht Thomas Dienel jetzt übrigens weiter. Die neue Ausgabe seiner Zeitung ist bereits im Druck, ließ er uns wissen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 28.05.1998 | 21:00 Uhr