Der Prophet als Politiker - Wie ein Republikaner für Deutschland kämpft

von Bericht: Thomas Berbner

Anmoderation:

PATRICIA SCHLESINGER:

Daß Rechtsaußen-Politiker in Kommunalparlamenten mitreden, daran haben wir uns ja schon fast gewöhnt. Republikaner zeichnen sich dort allerdings selten durch besondere Sachkenntnis oder zielgerichtete Strategien aus. Darüber haben wir berichtet. Um so mehr beruhigt es uns da, daß es in einem kleinen Dorf in Bayern so ganz anders zu sein scheint. Da hat ein Republikaner geradezu göttliche Eingebungen. Er sagt uns zum Beispiel den Dritten Weltkrieg voraus und noch so einiges mehr.

Wie ein Republikaner für Deutschland kämpft
In Niederbayern sitzt Jakob Lehner für die Republikaner im Kreistag. Er bezeichnet sich selbst als Prophet.

Über Weitsicht solcher Art bei einem Politiker wundert sich Thomas Berbner - eine gar himmlische Geschichte.

KOMMENTAR:

Der Oberweinberg in Niederbayern im Jahr des Herrn 1997. Hier lebt der Mann, der mit eigenen Händen eine Kapelle errichtete, den Untergang der Welt vorhersah und dann für die Republikaner in den Kreistag gewählt wurde.

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JAKOB LEHNER:

(Abgeordneter "Die Republikaner")

"Mein Name ist Jakob Lehner von Oberweinberg, Kreisrat der Republikaner und Prophet. Und ich sage euch, es dauert nicht mehr lange, dann brennt diese Marienstatue unabwegsam. Und dann kommt der Dritte Weltkrieg. Die Russen überfallen Europa."

KOMMENTAR:

Eine klare politische Aussage. Ist es da ein Wunder, daß Jakob Lehner mit 4.800 Stimmen in den Kreistag von Straubing-Bogen gewählt wurde? Der Prophet aus Niederbayern - die Alternative.

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JAKOB LEHNER:

"Möglicherweise war es auch Gottes Wille, daß ich bei den Republikanern bin, damit es in Deutschland wieder vorwärts geht."

KOMMENTAR:

Mit Beistand von ganz oben hatten die Republikaner bisher gar nicht gerechnet. Der Kreisvorsitzende sieht aber keinen Grund, an Jakob Lehners Eignung zu zweifeln.

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ERWIN SÖLDNER:

(Kreisvorsitzender "Die Republikaner)

"Mein Eindruck von Herrn Lehner ist: Zuverlässigkeit, Kameradschaftlichkeit, er eckt in der Partei eigentlich nicht an, und ich würde ihn jederzeit als Kandidat für die Kreistagsliste wieder nominieren."

KOMMENTAR:

Doch da war ja noch der bevorstehende Weltuntergang. Um die Deutschen aufzurütteln, baute der Prophet und Kreistagsabgeordnete einen Kreuzweg, hinauf zu seinem Hof und seiner Kapelle.

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JAKOB LEHNER:

"Ich hatte eine Vision, und so wie die Kreuze hier stehen, so habe ich sie in meiner Vision gesehen. Und es ist ja ein Kreuzweg für Deutschland, für die Rückgabe der ostdeutschen Gebiete, für die Wiedergutmachung für alle, die für Deutschland gelitten haben."

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INTERVIEWER:

"Würden Sie ihn den als ungewöhnlichen Republikaner-Kreistagsabgeordneten bezeichnen?"

ERWIN SÖLDNER:

"Ja, ungewöhnlich deshalb, weil mir ein so prägnanter, konstanter Mensch auch in der Partei eigentlich nicht bekannt ist."

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JAKOB LEHNER:

"Dieses Kreuz habe ich dem Sudetenland gewidmet und die anderen Kreuze anderen Gebieten, die wir im Ersten und Zweiten Weltkrieg verloren haben und die wir wieder zurückbekommen möchten, zum Beispiel Südtirol, Schlesien, Westpreußen, Ostpreußen, Stettin, Memelland, Danzig, Lothringen-Elsaß."

KOMMENTAR:

Ganz allein hat Prophet Lehner sogar ein Notprogramm voller prägnanter republikanischer Forderungen ausgearbeitet. Es soll möglichst sofort in Kraft gesetzt werden, Geltungsdauer bis zum Weltuntergang.

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JAKOB LEHNER:

"Streichung der Auslandshilfen, keine Wiedergutmachung mehr für den Zweiten Weltkrieg, es muß einmal Schluß sein, keine Entwicklungshilfe mehr, Bau des Jägers 2000, Aufrüsten. Und ich sage euch, der Tag wird kommen, wo ich euch beweisen kann, daß ich der Prophet bin. Und wir bauen an der bayerischen Grenze zur Tschechei Panzersperren, Stacheldraht, Minenfelder."

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ERWIN SÖLDNER:

"Er ist auch nicht anders wie Sie oder ich. Er verhält sich auch nicht anders, er ist ein ganz normaler Mensch. Unsere Mitglieder bei den Republikanern sind genauso normal - ich sag's mal so - wie jeder andere Mensch."

KOMMENTAR:

Für den jüngsten Tag gilt es, wohlgerüstet zu sein. Der Abgeordnete Lehner weiß genau, was von ihm verlangt wird. Wenn die Russen kommen, so glaubt er, muß er das letzte Kreuz persönlich auf den Oberweinberg tragen. Der Weltuntergang ist nah, und er beginnt natürlich in Niederbayern.

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JAKOB LEHNER:

"Über diese Bergkette habe ich schon Bomben fallen gesehen. Es wird Zeit, daß wir aufrüsten. Wir haben nicht mehr viel Zeit, die Zeit wird immer knapper. Wir haben nur noch höchstens eineinhalb Jahre, und dann überfällt uns der Russe in der Nacht."

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ERWIN SÖLDNER:

"Man sollte eigentlich solche Leute nicht generell, von vornherein als Spinner abtun und als Außenseiter dann bezeichnen. Wer weiß denn von uns, ob solche Sachen nicht doch noch irgendwann eintreffen? Und dann würde man im nachhinein sagen: Naja, da war schon mal irgendeiner, der hat das ja gesagt, der redete dauernd davon."

KOMMENTAR:

Und so übt der Prophet und Republikaner Jakob Lehner für die Endzeit. Sein Kreistagsmandat wird er bis dahin auf jeden Fall behalten, und wer weiß, vielleicht gelingt es ihm doch noch, den Weltuntergang aufzuhalten.

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ERWIN SÖLDNER:

"Er ist auch nicht anders wie Sie und ich, er verhält sich auch nicht anders, er ist ein ganz normaler Mensch. Unserer Mitglieder bei den Republikanern sind genauso normal wie jeder andere Mensch."

Abmoderation:

PATRICIA SCHLESINGER:

Da sage noch einer, in der Politik gäbe es keine Visionen mehr!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 30.10.1997 | 21:00 Uhr