Bestattung auf dem Fußballfeld

KOMMENTAR:

Der Kaplan des Londoner Fußball Clubs Queens Park Rangers setzt die Urne mit der Asche eines verstorbenen Fans auf dem Spielfeld bei. © Panorama/ARD Foto: Screenshot

Die verborgenen Schätze des englischen Fußballfeldes - keiner kennt sie besser als der Kaplan des Londoner Fußball Clubs Queens Park Rangers. Denn er er füllt schon seit Jahren den echten Rangers-Fans ihren letzten Wunsch. Queens Park Rangers hat für Beerdigungen auf dem Spielfeld diese Spezialvorrichtung entwickelt. Die Asche der Fans wird nach der Zeremonie pietätvoll unter dem Rasen vergraben. Nur wenn gerade Saison ist, muß damit bis zur nächsten Spielpause gewartet werden. Der Kaplan ist in allen Beerdigungsphasen dabei.

Letzte Ruhe auf dem Spielfeld - Bestattungen im Stadion
Englische Fußballvereine wie Arsenal London ermöglichen in ihren Stadien die Beerdigungen von Fans auf dem Spielfeld.

O-Ton

Kaplan Queens Park Rangers DAVE LANGDON: (Übersetzung)

"Seit ich hier bin, haben wir mindestens zehn Beerdigungen vollzogen. Es isteine einfache Zeremonie. Wir machen sie, nachdem die Verbrennung stattgefunden hat."

KOMMENTAR:

Auf diese Weise kann Queens Park Rangers die Besucherzahl des Stadions über dieSitzplätze hinaus erheblich steigern.

O-Ton

Manager Queens Park Rangers ALAN HEDGES: (Übersetzung)

"In den letzten zehn Jahren haben wir hier die Asche von mindestens fünfzig Rangers Fans auf dem Spielfeld beerdigt. Hier, wo das Gras ein bißchen unordentlich aussieht, haben wir erst kürzlich die Asche von fünf Leuten eingegraben."

KOMMENTAR:

Früher wurden die Rangers-Fans einfach über das Spielfeld verstreut. Diese Methode wendeten auch viele andere britische Clubs, von London über Liverpool bis nach Glasgow, regelmäßig an. Doch dann wurde das Verstreuen der Asche verboten, denn viele Spieler hatten sich darüber beschwert, daß das Gras durch die Asche kaputt ging.

O-Ton

ALAN HEDGES: (Übersetzung)

"Ich kann Ihnen nicht wissenschaftlich fundiert erklären, warum, aber es war wie mit einem Rasen, der bei Hitze nicht gegossen wird. Durch die Asche ver trocknete leider das Gras, es bekam braune Stellen."

KOMMENTAR:

Der Londoner Fußball-Club Arsenal hat frühzeitig auf eine umweltgerechte Unterbringung der Fans durch Eingraben der Asche umgestellt.

O-Ton

Bestattungsbesuftragter STEVE BRADOCK: (Übersetzung)

"Die Mehrheit der Leichen liegt hier verteilt, in diesem Bereich hinter dem Tor. Die meisten Arsenal-Fans wollen hier liegen, weil sie dann sagen können, daß sie Tore der Gegner verhindern und Arsenal jedes Spiel gewinnt."

KOMMENTAR:

Doch für die Tochter von Mary und Geoffrey King hat der Bestattungsbeauftragte sogar einen Spezialplatz genehmigt, genau vor den Stammsitzplätzen der Familie. Ihre Mutter ist fast ein bißchen neidisch.

O-Ton MARY KING: (Übersetzung

) "Sie sitzt jetzt ganz vorne, noch näher dran als wir."

KOMMENTAR:

Und was ihre Mutter am meisten freut: Seitdem Marilyn hier feierlich auf dem Spielfeld beerdigt wurde, kann Marilyn ihren Arsenal-Club wieder aus vollem Herzen unterstützen.

O-Ton MARY KING:

(Übersetzung) "Erst kürzlich saß ich bei einem Spiel neben einem Mädchen und sage zu ihr: Heute kümmert sich Marilyn aber nicht besonders. Wir waren gerade dabei, zu verlieren, da haben wir beide gerufen: Los jetzt, Marilyn. Und da haben wir ein Tor geschossen und das Spiel gewonnen."

KOMMENTAR:

Solche Fans, weiß der Beerdigungsbeauftragte Steve Bradock, braucht ein englisches Team. Und für die EM konnte es nur ein schlechtes Omen sein, daß im Wembley-Stadion nur ganze zwei Fans beerdigt sind. Nur so war es möglich, daß aus englischer Sicht das falsche Team Europameister werden konnte, ein Team aus einem Land, in dem das Beerdigen auf dem Spielfeld verboten ist.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 04.07.1996 | 21:00 Uhr