Stand: 02.12.15 15:01 Uhr

Deutschland und der Djihad: früher Alliierte, heute Gegner

"100 Jahre deutsch-afghanische Freundschaft" feiert das Auswärtige Amt in diesem Jahr. Der Ursprung dieser Freundschaft liegt  im Jahr 1915. Über die Details und Beweggründe der "Freundschaft" zwischen Deutschland und Afghanistan zu Beginn des Ersten Weltkriegs geht man heute lieber hinweg. Deutschland wollte nämlich den Djihad entfesseln. Kaiser Wilhelm II schickte eine Delegation nach Kabul -  die kleine Gruppe deutscher Diplomaten und Offiziere tarnte sich auf der Reise als Wanderzirkus, denn ihr Auftrag war alles andere als friedlich: Sie sollten den afghanischen Emir Habibullah zum "Djihad" gegen Britisch-Indien bewegen.

Dschihad - ein Meister aus Deutschland
Panorama berichtet 2005 über den "heiligen Krieg", der seinen Ursprung bei Kaiser Wilhelm und dem I. Weltkrieg findet.

100 Jahre deutsche Interventionspolitik im Orient

Die Delegation war eingebettet in die Orient-Strategie des Deutschen Kaiserreichs. Die Muslime sollten unter der formellen Führung des mit Deutschland verbündeten osmanischen Sultans in Istanbul gegen England, Frankreich und Russland in den Krieg ziehen. Das Auswärtige Amt brachte damals in vielen Sprachen des Orients eine wöchentlich erscheinende Zeitschrift Namens "Djihad" heraus. In Propagandaflugblättern, tausendfach aus Berlin verschickt in die muslimische Welt, standen Sätze wie: "Oh Volk der Schawia, zieht in den Djihad gegen die Ungläubigen". Mit deutschen Waffen und in deutschem Auftrag wurden Putsche und Attentate, sogar Sprengstoffanschläge verübt - gegen die britischen, französischen und russischen Kolonialherren, gleichzeitig Deutschlands Kriegsgegner.

Zu einem globalen Djihad an der Seite Deutschlands ließen sich die Muslime in den diversen Ländern des Orients allerdings nicht hinreißen. Am Ende siegte die englische Strategie. Großbritannien und Frankreich stachelten den arabischen Nationalismus an und zerlegten mit seiner Hilfe des Osmanische Reich.

Furcht vor dem Djihad

Heute möchte Deutschland im Orient nicht mehr den Djihad entfesseln. Man fürchtet sich vielmehr davor, dass der Djihad aus dem Orient nach Deutschland kommt. Deshalb sieht die Interventionspolitik heute anders aus. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat erwogen, an der Seite der Armee des syrischen Machthabers Bashar al-Assad in den Krieg gegen den Djihad-führenden "Islamischen Staat" zu ziehen. Ob die Idee besser ist als die von 1915?

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 26.11.2015 | 21:45 Uhr