Stand: 25.02.09 11:59 Uhr

SPD-Länder beenden Kooperation mit V-Leuten in der NPD-Spitze

In die Debatte um die V-Männer in der NPD kommt neuer Schwung. Mehrere Innenminister der SPD haben in ihren Ländern die V-Mann Praxis beendet. Damit erhöht sich der Druck auf die Innenminister der Union, die überwiegend die V-Leute für unverzichtbar halten. Panorama hatte zuvor über die Nazis im Staatsdienst berichtet.

Demonstranten mit NPD-Fahnen © AP Foto: Patrick Lux

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm hat verärgert auf die Äußerungen von Berlins Innensenator Erhard Körting reagiert. Diese seien "inakzeptabel", so der CDU-Politiker. Es sei ein bisher ein einmaliger Fall, dass ein Innenminister Aussagen zu den V-Leuten anderer Länder treffe, erklärte Schönbohm. Brandenburg halte den Einsatz von V-Leuten bei der NPD weiter für sinnvoll und werde auch künftig nicht darauf verzichten. Auch Baden-Württemberg will seine V-Leute nicht abschalten.

Innensenator Körting hatte allerdings keine Aussagen zu den V-Leuten in Brandenburg und Baden-Württemberg getätigt, sondern von Berlin sowie anderen Ländern gesprochen, in denen SPD-Innenminister am Ruder sind: Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Nach Körtings Angaben wurde in diesen Ländern die Zusammenarbeit mit V-Leuten in der NPD-Spitze beendet. Damit habe man den Weg für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren eröffnet, so Körting. Bis auf Körting hatte bislang kein Innenminister eindeutig erklärt, ob die V-Mann-Praxis in den NPD-Landesverbänden eingestellt worden sei. Dieser Schluss lag zwar nah, konnte aber nicht eindeutig belegt werden. Schon in Panorama hatte Körting vor knapp zwei Wochen den V-Mann-Einsatz für den Berliner Verfassungsschutz in der NPD-Spitze ausgeschlossen.

Seehofer kritisierte V-Mann-Praxis

Möglicherweise befürchtet Schönbohm eine Debatte über den Sinn der Kooperation von Verfassungsschutz und führenden NPD-Kadern, die für Geld Informationen an den Staat verkaufen. Denn zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer diese Praxis kritisiert. Seehofer hatte nach Angaben einer Teilnehmerin bei einem Kamingespräch in Wildbad Kreuth das Ende der V-Mann-Praxis in der NPD und deren Umfeld erwogen und in diesem Zusammenhang auch sein bayerisches Innenministerium kritisiert. Das Ministerium habe Seehofer bisher keinen Fall belegen können, wo Erkenntnisse aus und über die NPD nur aufgrund von V-Leuten hätten gewonnen werden können. Er schließe daraus, dass V-Leute, die in der NPD mitwirkten und ein neuerliches Verbotsverfahren dadurch verhinderten, folglich nicht wirklich notwendig seien.

Diese Linie vertreten auch Körting und weitere SPD-Minister. Sie weisen darauf hin, dass es auch andere nachrichtendienstliche Mittel gebe, mit denen die NPD überwacht werden könnte. Weiterhin verbiete sich für einen Rechtsstaat die Zusammenarbeit mit Neonazis, betonte Körting gegenüber Panorama.

"Neonazis, die sich interessant machen"

Auch Experten zweifeln an dem Wert der Informationen, die der Verfassungsschutz von NPD-Funktionären kauft und die faktisch das Verbot der Neonazi-Partei verhindern. Der Rechtswissenschaftler Günter Frankenberg sagte gegenüber Panorama, er halte die "V-Leute für entbehrlich". Man könne sich nicht auf sie verlassen, denn die Verbindungs- oder auch Vertrauensleute seien keine Agenten, die in die Bewegung eingeschleust werden, es seien Neonazis, die sich beim Verfassungsschutz "interessant machen", wie Frankenberg meint. Sie erfänden Material ¿ "das wirklich Interessante berichten sie gar nicht". Zudem sei es für einen Rechtsstaat "unerträglich", dass "V-Leute zweifelhaften Rufs" Informationen lieferten. Die V-Männer waren zudem ein entscheidender Trumpf für die NPD im Verbotsverfahren. "Im NPD-Verfahren haben die V-Leute mit Sicherheit nicht der Verfassung genützt, sondern unter dem Strich der NPD, denn sie haben verhindert, dass es zu einem wirklichen Verbotsverfahren in der Sache kam", meinte Frankenberg.

Daraus hat auch die NPD ihre Schlüsse gezogen, NPD-Chef Udo Voigt sagte gegenüber Panorama, wenn "bezahlte Leute des Verfassungsschutzes zum Erfolg der NPD beitragen, sollen sie das meinetwegen tun". Und ansonsten seien diese "ein guter Schutz vor einem möglichen Verbotsverfahren". Die NPD schützt sich also durch ihre Radikalität vor einem möglichen Verbot. Denn viele Unionspolitiker argumentieren, die NPD sei so gefährlich, dass ein Abzug der V-Leute nicht zu vertreten sei. Durch den Schritt der SPD-Innenminister wird diese Argumentation nun auf die Probe gestellt.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 12.02.2009 | 21:45 Uhr