Ein syrischer Anwalt auf der Flucht

Stand: 06.08.2015 12:03 Uhr

Als die Militärpolizei an seiner Haustür in Damaskus klingelt, ist Rami* zum Glück nicht daheim. Seinen Einberufungsbefehl hat er erst kurz zuvor erhalten. Und in der Armee von Baschar al-Assad wartet auf ihn nur der Tod, da ist er sich sicher: "Das ist wie ein Todesurteil", sagt Rami, "nur ein bis zwei Prozent kehren zurück." Doch die meisten sehe man nie wieder.

Video: Ein syrischer Anwalt auf der Flucht (26 Min)

Flucht vor Assads Armee

Der 31-Jährige entschließt sich, zu fliehen. Obwohl er als Anwalt für Immobilienrecht eigentlich ein gutes Leben führt: Seine Kanzlei hat drei Angestellte, als Dienstwagen fährt er einen Mercedes. Doch der Krieg in Syrien hat bereits seine Spuren hinterlassen, auch in Ramis Viertel im Zentrum von Damaskus. Eine Freundin wird gemeinsam mit ihrer Tochter unter ihrem Haus begraben, als dort eine Bombe detoniert. Ein anderer Freund auf der Straße erschossen - zwei Beispiele von vielen.

Als ihn sein Vater vor der Militärpolizei warnt, packt Rami seine wichtigsten Dokumente in einen Rucksack und lässt seine Familie schweren Herzens zurück. Er begibt sich in die libanesische Hauptstadt Beirut, fliegt von dort mit der nächsten Maschine in die Türkei. Sein Ziel: Deutschland.

Eine Odyssee vom Nahen Osten durch Europa

Mehr als 4.000 Kilometer legt er zurück, passiert dabei acht Grenzen – und ist ein halbes Jahr unterwegs, bevor er am Ende in Dänemark (nicht wie geplant in Deutschland) Asyl erhält.

Panorama-Reporter Nino Seidel hat Rami kurz nach Beginn seiner Flucht in der türkischen Hafenstadt Mersin kennengelernt - und danach auf seiner Route regelmäßig getroffen.

Immer wieder hat Rami auf seinem Weg mit seinem Smartphone auch selbst Fotos gemacht und kleine Videos gedreht - und so seine Perspektive eingefangen. Seine Hoffnung: "Ich wünsche mir, dass die Menschen verstehen, was ich und die vielen anderen auf uns nehmen, um ans Ziel zu kommen, um in Frieden zu leben." Dies ist die Geschichte von Ramis Flucht.

* Name von der Redaktion geändert

Rami sitzt mit einer Schischa in einem Restaurant.

Rami kommt aus Syrien. Als er Ende 2014 den Einberufungsbefehl erhält, fürchtet er den sicheren Tod und beschließt zu fliehen. Wir haben ihn bei seiner Flucht begleitet.

Bunte, zerknickte Zettel mit aufgedruckten Fragezeichen.

Warum kann Rami nicht auf legalem Weg einreisen? Wieso kontrolliert die Bundespolizei am Flughafen von Athen? Wir haben Antworten auf Ihre Fragen zusammengestellt.

Rami, syrischer Flüchtling.

Würde er nochmals fliehen? Wie hat er seinen Humor behalten? Und warum hat er die Flucht dokumentiert? Rami blickt auf seine Flucht zurück und beantwortet Fragen.

Ramis Kommentare

Rami ist vor dem Krieg in Syrien geflohen. Einigen hat das nicht gefallen. Jetzt antwortet Rami auf Vorurteile und Hass-Kommentare in Foren, auf Facebook und WhatsApp.

Moderatorin Anja Reschke

Panorama Moderatorin Anja Reschke kommentiert für die Tagesthemen den Hass im Netz. Ihre klare Meinung: Hass-Schreibern muss man Paroli bieten.

Der Panorama-Beitrag vom 6. August 2015 als PDF-Dokument zum Download.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 06.08.2015 | 22:45 Uhr

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Anja Reschke

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