Stand: 07.03.13 11:00 Uhr

Bestechlichkeit: Anklage gegen Wulffs Ex-Sprecher

von Jochen Becker, Ben Bolz & Johannes Jolmes

Über ein Jahr lang hat die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt. Jetzt steht die Anklage gegen Olaf Glaeseker, den ehemaligen Sprecher von Bundespräsident a.D. Christian Wulff. Es geht um den Vorwurf der Bestechlichkeit. Als Regierungssprecher in Niedersachsen soll Glaeseker im Rahmen seiner Dienstgeschäfte dem befreundeten Partyveranstalter Manfred Schmidt geholfen haben. Glaeseker, so die Staatsanwaltschaft, habe mindestens 650 000 Euro an Sponsorengeldern für Schmidts Veranstaltungsreihe "Nord-Süd-Dialog" eingeworben. Im Gegenzug habe er mehrfach kostenlos Urlaub in Schmidts Feriendomizilen in Südfrankreich und Spanien gemacht und sich insgesamt 19 Flugreisen von Schmidt bezahlen lassen.

Bestechlichkeit: Anklage gegen Wulffs Ex-Sprecher
Freundschaftsdienst - oder Bestechung? Die Staatsanwaltschaft Hannover hat Anklage wegen Bestechlichkeit gegen Olaf Glaeseker, den ehemaligen Sprecher des Bundespräsidenten, erhoben.

Der Strippenzieher

Rückblick: Lange Jahre berichtet Olaf Glaeseker als politischer Journalist aus Bonn. 1999 kommt er als Sprecher von Christian Wulff nach Hannover und erwirbt sich schnell einen Ruf als genialer Strippenzieher. Das Spiel mit den Medien, die geschickte Steuerung von Information - sein Geschäft. Mit Hilfe von "Bild, BamS und Glotze" (Gerhard Schröder) inszeniert er den eher farblosen CDU-Fraktionsführer Christian Wulff als erfolgreichen Landesvater und macht ihn zum zeitweise beliebtesten Politiker Deutschlands. Glaeseker und Wulff - bald ein unzertrennliches Gespann: Dankbar bezeichnet Wulff seinen Sprecher als seinen "siamesischen Zwilling", sein "Faktotum".

Zunehmend drängt es Christian Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen auch auf die bundespolitische Bühne. Und dabei sollen offenbar die Dienste von Partyveranstalter Manfred Schmidt helfen. In den Jahren 2007 bis 2009 richtet Schmidt für die Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg die so genannten "Nord-Süd-Dialoge" aus: Große Parties mit prominenten Gästen aus Politik, Wirtschaft und Showbusiness, offiziell als Netzwerkveranstaltungen angekündigt. Zwei Mal trifft man sich in Hannover, einmal in Stuttgart. Schirmherr Wulff nutzt die Feiern, um sich mit neuer Partnerin Bettina als glänzender, weltgewandter Macher zu präsentieren. Die Berichte in Presse und Fernsehen - begeistert bis euphorisch.

Parties mit Sponsorengeldern

Doch Schmidts Edel-Parties sind teuer. Um die Veranstaltungen ohne Steuergelder zu finanzieren, wirft Wulffs Regierungssprecher Glaeseker sich für seinen Freund Schmidt ins Zeug, wirbt bei den großen Unternehmen des Landes um Sponsorengelder. Obwohl die "Nord-Süd-Dialoge" als "private Veranstaltung" von Manfred Schmidt deklariert sind, bittet Glaeseker in Schreiben "auch im Namen unseres Ministerpräsidenten" um Unterstützung. Mehrere hunderttausend Euro soll er auf diese Weise gesammelt haben.

Und Manfred Schmidt? Der verdient gut an den Events: nach Angaben der Staatsanwaltschaft insgesamt rund eine Million Euro. Und revanchiert sich dafür offenbar mit Freiflügen und kostenlosen Urlauben bei seinem Freund Glaeseker. Ein Geben und Nehmen, das Glaesekers Anwalt Guido Frings im Rahmen der engen Freundschaft, die zwischen Glaeseker und Schmidt bestehe, strafrechtlich nicht relevant findet. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weist er zurück.

Auch Manfred Schmidt wehrt sich gegen den Vorwurf der Bestechung. Sein Anwalt Daniel Krause betont in einer Stellungnahme am Mittwochabend ebenfalls, dass die Besuche "ausschließlich auf der seit langen Jahren bestehenden engen Freundschaft zwischen Herrn Schmidt und den Eheleuten Glaeseker" gründeten.

Freundschaftsdienste oder Bestechung - das muss nun das Landgericht Hannover klären.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 07.03.2013 | 22:00 Uhr