Europaparlament: wie ernst nehmen Abgeordnete ihren Job?

von Ben Bolz, Johannes Jolmes, Anke Hunold

Früher einmal hat Hans-Gert Pöttering (CDU) viel geleistet im Europäischen Parlament - vor allem als Präsident des Hauses von 2007 bis 2009. Doch seit er wieder einfacher Abgeordneter ist, scheint er die Lust an der Arbeit verloren zu haben. Zwar ist er bei allen wichtigen Parlamentssitzungen dabei - doch da, wo wirklich gearbeitet wird, fehlt er allzu oft: in den Sitzungen seines Ausschusses.

Deutlich mehr als die Hälfte der Sitzungen des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, dem Pöttering angehört, hat er in dieser Legislaturperiode geschwänzt. Seine Homepage befindet sich weitgehend auf dem Stand von 2009 und ist seitdem nicht mehr aktualisiert worden. Und Berichte und Stellungnahmen schreibt er auch keine mehr. Das sollen Jüngere machen, so Pöttering zu Panorama.

Europaparlament: wie ernst nehmen Abgeordnete ihren Job?
Ein Beitrag von 2012 über Politiker und Europaabgeordnete, die durch auffällig niedrige Präsenzzeiten in den Plenarsitzungen des Europaparlaments und Ausschusssitzungen auffallen.

Wie fleißig sind EU-Abgeordnete?

Panorama hat zusammen mit Abgeordnetenwatch.de die Parlaments- und Ausschussarbeit aller deutschen Parlamentarier im Europaparlament untersucht.

Im Schnitt besuchten sie in dieser Legislaturperiode rund 80 Prozent ihrer Ausschusssitzungen, im Parlament haben sie gar eine Präsenzquote von fast 90 Prozent. Damit stehen sie wesentlich besser da als zum Beispiel französische oder italienische Abgeordnete, die gerne auch mal mit Dauerabwesenheit glänzen.

Schwarze Schafe

Doch es gibt offenbar auch schwarze Schafe aus Deutschland: Der Parlamentarier Bernd Posselt (CSU) hat den mit Abstand schlechtesten Wert bei der Präsenz im Ausschuss. Bei zwei Drittel aller Sitzungen hat er in dieser Legislaturperiode bis zur Sommerpause gefehlt. Posselt erklärte das gegenüber Panorama unter anderem damit, dass er sich als Schattenberichterstatter intensiv um den Kosovo und Kroatien gekümmert habe.

Die niedrigste Präsenzquote im EU-Parlament hat jedoch der CDU-Abgeordnete Christian Ehler. In gerade einmal 68 Prozent aller Sitzungen ist er anwesend.

Dies sei "unvermeidlich" gewesen, rechtfertigt er in einer schriftlichen Stellungnahme an "Panorama", "weil ich durch die Zusatzaufgaben als Doppelberichterstatter mehrere hundert zusätzliche Termine für das Europaparlament wahrzunehmen hatte."

Panorama über fleißige und weniger fleißige EU-Abgeordnete.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 20.09.2012 | 21:45 Uhr