Stand: 30.05.08 20:11 Uhr

Bewährungsstrafen nach rassistischem Überfall in Guntersblum

Im Prozess um einen rassistischen Angriff auf zwei Afrikaner im rheinhessischen Guntersblum sind die Angeklagten am 30. Mai 2008 von dem Amtsgericht Mainz wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.

Der 26-jährige Haupttäter erhielt eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zwei weitere Angeklagte wurden zu einem Jahr beziehungsweise acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Für einen zur Tatzeit noch jugendlichen Angeklagten sprach das Gericht eine Verwarnung aus und verpflichtete ihn zum Ableisten von 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die fünf Angeklagten bei dem Weinfest im August 2007 "ohne ersichtlichen Grund" auf einen Sudanesen und einen Deutschen ägyptischer Abstammung losgegangen waren. Zuvor hatten sie den Sudanesen als "Scheiß-Nigger" beschimpft. Die Täter traten und schlugen die Opfer und verletzen sie mit einer Weinflasche erheblich.

Deutschland-Aufnäher ziert Jacke eines Neonazis © dpa - Report, Foto: Michael Hanschke © dpa - Report Foto: Michael Hanschke

Mit dem Urteil folgte das Amtsgericht weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Allerdings setzte es auch die Strafe für den 26-jährigen Haupttäter zur Bewährung aus, um diesem noch eine letzte Chance zu geben, wie der Richter sagte. Neben den Bewährungsstrafen wurden den drei zur Tatzeit erwachsenen Tätern Geldstrafen in Höhe von 1200 beziehungsweise 850 Euro auferlegt, die sie an eine Opferschutzvereinigung zahlen müssen. Weiterhin müssen sie den beiden Opfern 5000 beziehungsweise 3000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Anwälte der Opfer, die als Nebenkläger bei dem Prozess aufgetreten waren, machten in ihren Plädoyers vor der Verurteilung klar, dass sie eindeutig einen fremdenfeindlichen Hintergrund als Motiv für die Tat sehen. «Wenn die keine dunkle Hautfarbe gehabt hätten, wäre das alles nie passiert», sagte einer der Opferanwälte. Zudem betonten sie erneut die psychischen Auswirkungen, die die Tat bis heute auf ihre Mandanten habe. Dennoch zeigten sie sich nach dem Urteil zufrieden mit dem Ausgang.

Problembewusstsein im Westen?

Panorama hatte über den Fall berichtet. Denn wenn im Osten mal wieder rassistische Gewalttäter zugeschlagen haben, guckt der Rest der Republik ganz genau hin: wird verharmlost, wird vertuscht? Tun die Behörden auch wirklich alles zur schnellstmöglichen Aufklärung? Im Westen hingegen scheint alles besser zu sein: In Guntersblum stellte sich sogar Ministerpräsident Kurt Beck vor die Kameras, um das Problembewusstsein zu dokumentieren. Allerdings erst eine Woche nach der Tat, aus "ermittlungstaktischen Gründen", wie es offiziell hieß.

Ermittlungstaktische Gründe?

In Wahrheit hatten Polizei und Justiz dem rassistischen Verbrechen keine besondere Dringlichkeit beigemessen und wertvolle Zeit verstreichen lassen. Offenbar hatte es auch niemand bei Polizei und Justiz für nötig gehalten, den Bürgermeister von Guntersblum zu informieren. So kam es, dass dieser noch fünf Tage nach der Tat in einem Zeitungsartikel erklärte, er sei "sicher, dass ausländische Mitbürger keine Angst vor Attacken haben müssen".

Panorama über die Verharmlosung rassistischerGewalt und ihre Folgen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 06.09.2007 | 21:45 Uhr