Kein Verfahren gegen "KiK" trotz Mitarbeiterbespitzelung

Jahrelang forschte der Textildiscounter "Kik" seine Angestellten bei Auskunfteien aus, um insolvente Mitarbeiter zu finden und loszuwerden. Das hielten Strafrechtsexperten für strafbar – "Panorama" berichtete. Auch die Staatsanwaltschaft Dortmund prüfte seit dem Beitrag erneut, ein früheres Ermittlungsverfahren gegen "KiK" wieder aufzunehmen. Heute nun teilte die Staatsanwaltschaft Dortmund mit, das Ermittlungsverfahren gegen "KiK" wegen Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungenwegen werde nicht wieder aufgenommen. Der Grund dafür: Ein so genannter "unvermeidbarer Verbotsirrtum". Da die Rechtslage nicht eindeutig sei, könne man "KiK" keinen "bewussten Rechtsverstoß" nachweisen, so die Staatanwaltschaft in einer Pressemitteilung.

Panorama hatte am 22. Juli 2010 darüber berichtet, dass KiK bis ins Jahr 2009 regelmäßig Bonitätsauskünfte aller Mitarbeiter über die Auskunftei Creditreform einholte, offenbar mit dem Ziel, ihnen zu kündigen oder Verträge auslaufen zu lassen, wenn die Mitarbeiter überschuldet waren.  Zu Wort kam damals der langjährige Bezirksleiter Guido Hagelstede, der offen diese Praxis einräumte und auch schilderte, diese Anweisungen jahrelang schriftlich aus der Zentrale erhalten zu haben. Damit war es Panorama gelungen zu beweisen, dass KiK offenbar in Schädigungsabsicht Mitarbeiter bespitzeln lies. KiK hatte damals auf die Vorwürfe von Panorama lediglich geantwortet, dass diese Praxis nicht mehr praktiziert werde.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund hatte bereits vor der Ausstrahlung des Beitrages ein Ermittlungsverfahren gegen KiK in derselben Sache eingestellt, weil sie die strafrechtlich notwendige  "Schädigungsabsicht" nicht beweisen konnte. Nach der Ausstrahlung prüfte die Dortmunder Behörde eine Wiederaufnahme der Ermittlungen, da es für die "Schädigungsabsicht" im Panorama-Beitrag wesentlich konkretere Indizien als zuvor gab. Dass dies jetzt nicht geschieht, hänge nun mit einem neuen Rechtsproblem zusammen: der umstrittenen Rechtslage im Bereich Datenschutz.  Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf eine Stellungnahme des Bayrischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht, wonach Bonitätsabfragen von Kassierkräften grundsätzlich als vertretbar eingestuft werden.

Hingegen gebe es aber keine Rechtsprechung zu der Frage, ob dies auch dann gelte, wenn alle Mitarbeiter des Unternehmens Zugang zur Kasse haben, mithin ob eine Auskunfteinholung über alle rechtens wäre. Die Staatsanwaltschaft kommt deshalb zu dem Schluss, dass es "keine so eindeutigen Rechtsregeln" zum Zeitpunkt der Bonitätsabfragen gab, so  dass man KiK einen "bewussten Rechtsverstoß nachweisen könnte".  Ein solches Vorliegen eines "unvermeidbaren Verbotsirrtums" habe im Strafrecht zur Folge, dass eine Vorsatzschuld nicht nachzuweisen sei. Die Sprecherin des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen, Bettina Gayk, bedauerte dies gegenüber Panorama: "Unterm Strich bleibt es hier bei erheblichen Datenschutzverletzungen, die jetzt nicht geahndet werden können."

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Das Erste | Panorama | 04.08.2010 | 21:45 Uhr