Stand: 16.08.17 15:39 Uhr

Auftrag Rufmord? Zu viel der Ehre!

von Christoph Lütgert und Kristopher Sell

Der angebliche Tipp: Rückabwicklung von AWD-Verträgen möglich

Stefan Schabirosky schreibt auf S. 184, er habe einen NDR-Autoren "darauf aufmerksam gemacht, dass die Verträge von AWD-Kunden rückgängig gemacht werden könnten, wenn der AWD mehr als fünfzehn Prozent Vermittlerprovision erhalten und seine Kunden darauf nicht aufmerksam gemacht hätte." Damit beansprucht er einmal mehr Drahtzieher einer Panorama-Schlagzeile zu sein, nämlich: "AWD drohen Millionen-Rückzahlungen" eines angeblich von ihm initiierten Beitrages in der Panorama-Sendung vom 8.12.2011.

Richtig ist, der ausgestrahlte Beitrag ist in keiner Weise auf einen Hinweis Stefan Schabiroskys zurückzuführen. Nachweislich hatten Kollegen von NDR Info zu diesem Zeitpunkt bereits über den Sachverhalt berichtet. Und zwar ohne Informationen durch Schabirosky. In einer NDR Info-Pressemitteilung vom 28.9.2011 hieß es bereits: "Der Finanzdienstleister AWD hat offenbar massiv gegen Provisionsregelungen verstoßen. Den neuen Erkenntnissen zufolge könnten Tausende geschädigte Anleger doch noch gerichtlich gegen den Konzern vorgehen. Nach Informationen des Radioprogramms NDR Info wurden vor und auch nach dem Börsengang des AWD im Jahr 2000 bei zahlreichen vom AWD vermittelten geschlossenen Fonds insgesamt mehr als 15 Prozent Vergütung gezahlt. Nach geltender Rechtsprechung hätte eine Provision von mehr als 15 Prozent den Kunden jedoch zwingend mitgeteilt werden müssen."

Neu waren zu diesem Zeitpunkt die an Eides Statt versicherten Aussagen zwei ehemaliger hochrangiger AWD-Manager. Sie beschrieben in dem Panorama-Beitrag erstmals umfänglich vor laufender Kamera das Überschreiten der kritischen Provisionshöhe.

Etwa Hermann J. Winkler, ehemaliger Manager des AWD Konzerns: "Man kann ohne Frage einräumen, dass für mehr als ¾ der Produkte eine Vergütung von 15+ vereinbart worden war, gezahlt wurde und letztendlich auch zu dem erfolgreichen Börsengang des AWD durchaus ordentlich beigetragen hat."( Panorama 8.12.2011)

Oder Jörg Jacob, ehemaliger AWD Geschäftsführer: "Wenn Sie das addieren für den Einzelfall auf über 15%.  Aber das war damals kein Bestandteil der Beratungsgespräche, weil das auch kein Bestandteil in den Beratungsgesprächen sein musste." ( Panorama 8.12.20011)

Dass die Höhe der Provisionszahlungen für den AWD problematisch werden könnten, bestätigte Panorama die Expertin von Finanztest, Ariane Lauenburg: "Am 31.12. verjähren die Ansprüche von allen Anlegern, die vor 2002 solche Fonds abgeschlossen haben und die haben jetzt natürlich eine hervorragende Chance vor Gericht, weil wenn sie beweisen können, dass die Provisionen mehr als 15 Prozent betragen haben, haben sie sehr gute Chancen, Schadenersatz zu bekommen." ( Panorama 8.1.2011)

Die Informationen über etwaige Schadensersatzforderungen gingen also nicht auf Herrn Schabirosky zurück.

Nahezu jeder negative AWD-Bericht seit 2003 von Schabirosky lanciert

Gegen Ende seines Buches bilanziert  Schabirosky: "Seit Beginn meiner Aktivität im Jahre 2003 resultierte beinahe jeder negative AWD-Bericht aus meiner Tätigkeit." ( S. 191) Und er will ganz genau Buch geführt haben: "Insgesamt habe ich vierunddreißig Medienberichte (Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel, Stern, manager magazin, WirtschaftsWoche, Plusminus, Panorama - Die Reporter usw.) initiiert sowie vier Anzeigen bei Behörden eingebracht, zwei Internetseiten mit AWD-Insiderinformationen hochgeladen, vier Briefe an eine Vielzahl AWD-Handelsvertreter verschickt und etwa zehntausendfünfhundert E-Mails an AWD-Handelsvertreter versandt. Als Folge der geschilderten Tätigkeit gab es hunderte von Nachfolgeberichten. Darüber hinaus wurden mindestens einhundertfünfundzwanzig Briefe an Analysten geschickt sowie mindestens einhundertzweiundzwanzig Briefe an Anwaltskanzleien."

Stefan Schabirosky scheint tatsächlich davon überzeugt zu sein, er habe er im Alleingang eine Kampagne gegen Carsten Maschmeyer losgetreten. Dabei hatte unter anderem auch die Stiftung Warentest schon seit 1996 immer wieder öffentlich vor den fragwürdigen Finanzprodukten des AWD gewarnt. Deren Expertin Ariane Lauenburg trat in vielen Beiträgen des NDR mit folgenden Aussagen auf: "Es gibt Zehntausende von Anlegern, die vom AWD geschädigt wurden."

"Es ist ganz klar, dass der AWD im großen Stil diese Dreiländerfonds vermarktet hat. Die Dreiländerfonds sind nicht gut gelaufen und sind auch im Zweitmarkt nur noch sehr wenig wert, so dass die Kunden allesamt Geld verloren haben."

"Ja, das ist eigentlich eine besonders schlimme Sache. Diese Fonds sind den Anlegern als sichere Altersvorsorge angeboten werden, und dann ist ihnen gesagt worden, die haben so schöne Ausschüttungen, da können Sie sogar Ihren Anteil auf Kredit finanzieren und von den Ausschüttungen die Kreditkosten zahlen. Das ist dann schiefgegangen, so dass viele Leute ihre Altersvorsorge verloren haben."

"Ich glaube, dass Carsten Maschmeyer mit dem Geld der Anleger sehr gut lebt und dass er sozusagen seinen Wohlstand auf dem Leid der Anleger aufgebaut hat."

Gesamte Ersparnisse verloren

Besonders beeindruckend und erschütternd waren in den NDR-Filmen die Aussagen zahlreicher Opfer von Carsten Maschmeyer und seinem AWD: Menschen, die sehr viel Geld verloren hatten, viele ihre gesamten Ersparnisse, weil die Finanzprodukte des AWD gefloppt hatten. Manche saßen zudem noch auf gewaltigen Schulden, weil sie jahrelang Kredite zurückzahlen mussten, die ihnen AWD-Vertreter zur Finanzierung geschlossener Fonds aufgeschwatzt hatten. Sie standen und stehen, wie es ausgewiesene Experten vorrechneten, für Tausende. Mit diesen verzweifelten Menschen, die die Richtigkeit der NDR-Recherchen bestätigten, hatte ein Stefan Schabirosky nichts zu tun. Sie kann er mit seinen Behauptungen von einer ungerechtfertigten Kampagne nicht vergessen machen. 

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 12.01.2011 | 21:45 Uhr