Stand: 01.04.15 12:03 Uhr

Studie: Gefahr von Fracking überschätzt

In einer neuen Studie gibt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Entwarnung: Öl- und Gasförderung mithilfe von Fracking ist offenbar weit weniger gefährlich als bislang angenommen. "Trinkwasserschutz und Fracking sind vereinbar", heißt es. Panorama hatte wiederholt darüber berichtet, dass die Gefahren von Fracking übertrieben werden - sowohl beim Fracking in der Tiefe (3.000 Meter und mehr) als auch beim Fracking zu wissenschaftlichen Zwecken weiter oben im Schiefergas.

Brennende Wasserhähne: Wie gefährlich ist Fracking
Fracking wird oft mit Horrorbildern von brennenden Wasserhähnen und verseuchtem Trinkwasser verknüpft. Doch Experten sind sich einig: Das Risiko werde maßlos übertrieben.

Fracking mit Einschränkungen

In Deutschland hat Fracking nach wie vor einen schwierigen Stand. Die Bundesregierung hat sich deshalb auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der nur in sehr begrenztem Umfang Testbohrungen zulässt: In sensiblen Regionen wie Wasserschutzgebieten soll die Fördermethode verboten werden, wie auch der Einsatz von Fracking in Schiefergestein und Kohleflözen oberhalb von 3.000 Metern zu wirtschaftlichen Zwecken. Unter wissenschaftlicher Begleitung jedoch sollen auch dort Probebohrungen möglich sein. Damit wird die Rolle der deutschen Geowissenschaften bei der Beurteilung von Fracking gestärkt. Panorama hatte zuletzt berichtet, dass die maßgeblichen deutschen Geowissenschaftler eine stärkere Berücksichtigung ihres Fachwissens bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs gefordert hatten.

  • Faktencheck Fracking

    Fracking ist für viele Menschen ein angstbesetzter Begriff. Panorama hat Experten gebeten, zu den wichtigsten Fragen Stellung zu nehmen und daraus einen Faktencheck zum Thema Fracking erstellt.

  • Worum dreht sich die aktuelle Diskussion?

    Fracking wird in Deutschland schon seit den 1960er-Jahren praktiziert. Bisher wurde allerdings immer in tiefen Sandsteinschichten gefrackt. In diesem relativ undurchlässigen Sandstein ist das Gas nur wenig mobil und wird durch das gezielte Aufbrechen einzelner Bereiche mobilisiert. Das Fracking im Sandstein soll auch nach den Eckpunkten der Bundesregierung unter Verschärfung der Regularien möglich sein. Die eigentliche Debatte geht aber über das Schiefergas-Fracking. Das Schiefergas hat in den USA seit Mitte der 2000er-Jahre einen "Goldrausch" ausgelöst.

  • Wird in Deutschland Schiefergas mit Fracking gefördert?

    In Deutschland gibt es bislang nur wenige Testbohrungen. Förderbares Schiefergas findet sich nach Auskunft der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dieses Schiefergestein liegt im Regelfall in Tiefen von 1.500 bis 3.000 Meter. Auch wenn die Verfahren sich unterscheiden, geht es im Kern nun darum, ob auch in höheren Gesteinsschichten gefrackt werden soll?

  • Ist das Fracken im Schiefergestein risikoreicher?

    Das Trinkwasser gewinnen wir in Deutschland im Regelfall aus Tiefen von bis zu 300 Meter. Darum plädieren viele Geologen und Hydrogelogen dafür, dass ausreichend Abstand zwischen einem Frack und dem Trinkwasserreservoirs gelassen wird. Etwa 1.000 Meter halten die meisten Wissenschaftler für ausreichend.  Der Grund: Der bislang längste Frack, der jemals erzeugt wurde, war ungefähr 270 Meter lang. "Da war allerdings die doppelte Hiroshima-Bombe gezündet worden", so der Leiter der Studie für das Umweltbundesamt, Uwe Dannwolf. Außerdem sollen die Regionen, in denen gefrackt wird, vorher auf geologische Besonderheiten untersucht werden.

  • Wie steht es um das Erdbebenrisiko?

    Erdbebenrisiken gibt es bei jedem Eingriff in den Untergrund - beim Kohlebergbau, beim Öl und auch bei der Erdgasförderung. Ein Großteil der vom Menschen erzeugten Erdbeben in Deutschland rührt vom Bergbau her - zu diesem Schluss kommen auch die Seismologen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Die konventionelle Erdgasförderung führt ebenfalls in Norddeutschland zu Erdbeben. Beim Fracking sehen die Experten allerdings geringere Erdbebenrisiken.

  • Warum kommt es überhaupt zu Erdbeben bei der Erdgasförderung?

    Dem Sandstein wird Gas und Lagerstättenwasser entzogen, es bilden sich kleine Hohlräume, was eine Druckveränderung im Gestein zu Folge hat. Das kann in bestimmten geologischen Formationen unter bestimmten Umständen zu kleinen Erdbeben führen. Im Schiefergestein ist der Austrag von Gas und Wasser dagegen wesentlich geringer, sodass auch die Druckunterschiede geringer sind. Weniger erforscht sind die Erdbebenrisiken und die Grundwassergefährdung durch Verpressung des Lagerstättenwassers. Auch deswegen fordern viele Wissenschaftler besonders in diesem Bereich weitere Forschung. Es gelte durch wissenschaftliche Erprobungen neue Methoden zur sicheren Verpressung und zur Behandlung des Lagerstättenwassers und der Fracking-Flüssigkeit zu zu entwickeln, zum Beispiel sei auch eine Wiederaufbereitung denkbar.

  • Kann Methan in das Trinkwasser kommen?

    Methan kommt in vielen Gegenden der Welt ganz natürlich im Trinkwasser vor - auch in durchaus hohen Konzentrationen. In Deutschland sind zum Beispiel im Münsterland hohe Methankonzentrationen gemessen worden. Tatsächlich ist es in den USA auch zu Verunreinigungen des Trinkwassers gekommen. In Deutschland ist es durch das Fracking dagegen bislang nicht zu Methan-Verunreinigungen gekommen. Diskutiert wird zurzeit über eine Studie der Duke Universität. Prof. Jackson hat dort Verunreinigungen festgestellt. Er bringt die Verunreinigungen mit Methan vor allem mit Leckagen in der Zementierung des Bohrlochs in Verbindung.

  • Was ist das größte Risiko?

    Prof. Emmermann, der für die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften gerade an einer Studie zum Thema arbeitet, sieht in der unsachgemäßen Handhabung am Bohrloch das größte Risiko. Aus diesem Grund fordern die Wissenschaftler, dass hier neue Technologien geprüft werden sollen, die die Risiken beim Bohren so gut wie möglich verringern.

  • Gab es Unfälle in Deutschland?

    Die Entsorgung des Lagerstättenwassers kann ein Problem bei fast jeder Form der Erdgas- und insbesondere Erdölförderung sein. Zurzeit verpressen die Firmen diese Flüssigkeit wieder. Meist sammeln sie dafür das Lagerstättenwasser zentral. Bei dieser "Sammlung" wurden ungeeignete Rohre eingesetzt. Das mit Schwermetallen belastete Lagerstättenwasser sickerte in den Boden. Exxon musste den Boden reinigen und die Rohre austauschen. Dazu überprüfen die Behörden zurzeit Fälle von erhöhten Quecksilber-Werten an einigen Bohrplätzen.

  • Werden wir risikolos Erdgas bzw. generell Energie fördern können?

    Jede Form der konventionellen und unkonventionellen Erdgasgewinnung bringt Risiken mit sich. Dies gilt generell auch für die Energiegewinnung aus regenerativen und fossilen Energiequellen. Der Leiter der Studie des Umweltbundesamtes plädiert deshalb dafür, alle Formen der Energiegewinnung nach einheitlichen Maßstäben zu bewerten. Ein Null-Risiko gibt es seiner Aufassung nach bei keiner Technologie.

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 04.09.2014 | 21:55 Uhr