Kommentar

Stand: 12.05.17 13:19 Uhr

Fahrradrazzia Hamburg: Nur 120 Räder gestohlen

von Johannes Edelhoff

Was für ein Ermittlungserfolg: 1.748 mutmaßlich gestohlene Fahrräder zeigt die Hamburg Polizei einzeln online. Wer sein gestohlenes Fahrrad erkennt, soll sich bei der Polizei melden, heißt es. Die Räder stammen "vom größten Schlag gegen die organisierte Fahrradkriminalität in der Geschichte Hamburgs", wie die Polizei stolz kommentiert. Bei einer Razzia Ende April hatten 180 Beamten in der Hamburger Billstraße etwa 2.100 Fahrräder bei Export-Import-Händlern beschlagnahmt. Von Tausenden gestohlenen Rädern wurde damals gesprochen. Das Problem nur: Vermutlich weil die ehemaligen Besitzer zu nachlässig waren, sind es gar nicht Tausende gestohlene Räder, sondern bisher nur 120.

"Größter Schlag gegen die organisierte Fahrradkriminalität"?

Die Polizei stellt nämlich vor allem deshalb 1.748 Fahrräder online, weil sie bei all diesen 1.748 Rädern nicht beweisen kann, dass sie geklaut sind. Das bedeutet, die Räder sind bei der Polizei nicht als gestohlen gemeldet, die Rahmennummern existieren nicht in der Datenbank für gestohlene Räder. In 120 Fällen habe man Ermittlungsansätze, heißt es von Seiten der Polizei. Das bedeutet, dass lediglich fünf Prozent der Räder beim "größten Schlag gegen die organisierte Fahrradkriminalität" nachweislich gestohlen wurden. Fünf Prozent!

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Alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Fahrrad geklaut - rund 900 sind es jeden Tag. Doch nicht einmal jeder zehnte Fahrraddiebstahl wird aufgeklärt. Der Polizei fehlen Ressourcen.

Rad codieren? Zu aufwendig!

Die anderen 1.748 (es sind noch nicht alle Räder katalogisiert, daher die Differenz) sind schlicht nicht registriert. Und das kann daran liegen, dass die Räder gar nicht geklaut wurden. Wahrscheinlicher ist aber, dass viele Menschen auch zu gleichgültig mit dem Diebstahl ihres Rades umgehen. Rahmennummern werden nicht aufgeschrieben, eine Anzeige bei der Polizei nicht gemacht, die Quittung vom Fahrradkauf ist auch verschollen und das Rad zu codieren ist ja nun wirklich zu aufwendig. Viele glauben wohl auch, eine Anzeige bringe nichts, da die Polizei die Räder ohnehin nicht wiederfindet.

Wer aber keine Anzeige macht oder sich die Rahmennummer nicht aufschreibt, ist dann am Ende auch selbst schuld, wenn er sein Rad nicht zurückbekommt. Und es ist auch logisch, dass die Polizei es sich künftig zweimal überlegen wird, ob sie nochmal einen solch großen Ermittlungsaufwand leisten will, wenn das Ergebnis am Ende so übersichtlich ausfällt.

Lediglich 120 gestohlene Räder gefunden

180 Beamte waren im Einsatz, Hilfskräfte des THW unterstützen die Polizei dabei, LKWs wurden angemietet, wochenlang haben die Beamten die einzelnen Räder katalogisiert - und am Ende wurden 120 gestohlene Räder gefunden. 120 Räder sind immer noch viele und vielleicht kommen durch den Online-Aufruf noch einige hinzu. Die Polizei berichtet zwar von vielen Rückläufen, doch von "Tausenden gestohlenen Rädern" ist man weit entfernt. Und es könnte sogar sein, dass am Ende der als Hehler beschuldigte Export-Import-Händler die 1.748 Fahrräder zurückbekommt. Und Schuld daran wären vor allem die beklauten Besitzer selbst.

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Das Erste | Panorama | 22.09.2016 | 21:45 Uhr