Interview

Stand: 23.03.17 15:28 Uhr

DITIB: "Wir sind politisch neutral"

Wie steht die DITIB zur Frage: Auftritte türkischer Politiker in Deutschland - ja oder nein?

DITIB: Als Religionsgemeinschaft kommentieren wir diese ausschließlich politische Frage nicht.

Ditib

DITIB sieht sich selbst als überparteilche, unpolitische Organisation

Wie sehr beeinflusst die aktuelle politische Situation die Integrationsarbeit und die generelle Atmosphäre in den Gemeinden? Welche Auswirkungen haben die scharfen Töne in der politischen Auseinandersetzung?

DITIB: Die DITIB hat als größte muslimische Religionsgemeinschaft Deutschlands über 30 Jahre sehr gute religiöse und soziale Dienste realisiert. Wir sind seit Jahrzehnten ein verlässlicher religiöser und sozialer Dienstleister und Partner der Politik in, auf Bundes-/ Landes- und regionaler Ebene. Wir haben uns unermüdlich für den interreligiösen und interkulturellen Dialog eingesetzt und werden dies weiterhin tun. Dies alles zeigt unsere Dialogfähigkeit und den Willen zur Kooperation mit Staat und Gesellschaft.

Für Hunderttausende unserer Gemeindemitglieder im gesamten Bundesgebiet und generell für alle DITIB-Mitglieder ist es trotzdem sehr enttäuschend, dass im Zuge der gegenwärtigen Stimmungslage eine komplette Gemeinschaft wie die der Muslime pauschal stigmatisiert wird.

Von der Politik erwarten wir auf allen Ebenen, dass wir uns gemeinschaftlich den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft stellen, der wachsenden Juden- und Islam-Feindlichkeit, dem Rassismus, der Menschenfeindlichkeit. Unsere jahrzehntelange gute Zusammenarbeit darf in turbulenten Zeiten nicht einfach zerstört werden.

Wofür steht DITIB?

DITIB steht für "Diyanet İşleri Türk İslam Birliği", auf Deutsch: "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion". Der größte islamische Dachverband bundesweit hat seinen Sitz in Köln und umfasst knapp 850 Moscheegemeinden und rund 150.000 Mitglieder.
Seit dem Putschversuch in der Türkei steht DITIB zunehmend in der Kritik. Dem Verband wird vorgeworfen eine zu große Nähe zum türkischen Staat sowie der regierenden AKP von Präsident Erdogan zu haben und der türkischen Religionsbehörde zu unterstehen.

Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass DITIB "der verlängerte Arm von Erdogan nach Deutschland" sei. Wie unabhängig kann DITIB agieren - auch vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit Dyianet?

DITIB: Wir möchten hier nochmals betonen, dass die DITIB eine überparteiliche Organisation und damit politisch neutral ist. DITIB versteht sich laut eigener Satzung als religiöser und sozialer Dienstleister in und für Deutschland. Der Verband ist überparteilich verfasst und am Grundgesetz orientiert. Nicht nur interne Entscheidungen werden in Deutschland getroffen, auch die Predigten werden seit 10 Jahren hier verfasst und bilingual gehalten, auf Deutsch und auf Türkisch.

Ebenso werden verbandsinterne Fragen im gegenseitigen Gespräch vor Ort gelöst. Das ist gängige DITIB-Leitungs- und Verbandspraxis und so auch allen unseren Moscheegemeinden bekannt. Auch unsere Landesverbände sowie Frauen- und Jugendverbände haben wir bereits vor vielen Jahren hier in Deutschland gegründet – diese strukturelle Weiterentwicklung wurde in Köln erdacht und entwickelt sowie entschieden und realisiert.

Zur DIYANET: Die DIYANET ist Dienstherr der Imame und unser Kooperationspartner. DITIB ist als Religionsgemeinschaft die Empfängerin der religiösen Dienste der Imame und wir sind auch sehr dankbar für diese Kooperation.

Wie gehen Sie mit Vorfällen in einzelnen Gemeinden um, in denen Funktionäre mit sehr nationalistischen Äußerungen (auch in den Sozialen Medien) auffallen (Beispiel: Hamburg-Wilhelmsburg)?

DITIB: Die Antisemitismus- und Christenfeindlichkeits-Vorwürfe durch vereinzelte, dezentralisierte Facebook-Postings haben wir ausführlich und wiederholt öffentlich kommentiert und dabei jegliche Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit abgelehnt und verurteilt. Laut Satzung haben wir interne Maßnahmen und Möglichkeiten, entsprechend mit Abmahnungen bis hin zum Ausschluss von Mitgliedern zu reagieren.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 23.03.2017 | 21:45 Uhr