Ansbach: Warum zeigen wir den Attentäter?

Der Attentäter von Ansbach.

Es gibt gute Gründe, den Attentäter unverpixelt zu zeigen.

Panorama zeigt den Attentäter von Ansbach unverpixelt, sowohl im Fernsehen als auch auf den Online-Präsenzen der Sendung. Ist das richtig? Oder sollte man den Täter nicht besser anonymieren und verpixelen? Volker Steinhoff, Redaktionsleiter bei Panorama, erläurtert, warum wir den Attentäter unverpixelt zeigen:

Vorweg: Die Grundregel bei uns lautet, dass wir zeigen was ist - außer es spricht etwas dagegen. Im Fall des Ansbacher Täter gibt es drei Argumente dagegen:

  • Der Ansbacher Täter ist formal nur "verdächtig", es gibt kein Gerichtsurteil. Dieser Einwand überzeugt nicht: Ähnlich wie bei 9/11 wird es nie ein Gerichtsurteil geben, weil der Täter tot ist. Trotzdem besteht an der Täterschaft kein Zweifel.
  • Auch ein Täter hat (postmortale) Persönlichkeitsrechte. Auch dieser Einwand überzeugt nicht: Er ist bereitwillig im bulgarischen Fernsehen aufgetreten, zudem ist er durch seine Tat zu einer "Person der Zeitgeschichte" geworden.
  • Durch Zeigen macht man ihm zum Helden und fördert Nachahmertaten.

Dieser Einwand ist durchaus ernst zunehmen. Er ist aber abzuwägen gegen Interessen, die für ein Zeigen sprechen. Für ein Zeigen spricht das Interesse der Öffentlichkeit, die Tat besser verstehen zu können, auch um zukünftige Gefahren besser einschätzen zu können.

Viele Menschen haben zur Zeit eine diffuse Angst, sie fahren nicht mehr Bahn oder meiden öffentliche Plätze. Genau das will Terror erreichen. Der Schlüssel zum Begreifen der Tat von Ansbach liegt im Täter. Umso mehr ich vom Täter weiß, umso eher kann ich mir ein Bild machen.

Und im Begriff "Bild machen" steckt auch die Begründung für das Bild des Attentäters: Es trägt erheblich dazu bei. Außerdem müßte man sonst auch Namen und weitere persönliche Details des Attentäters verheimlichen, wenn man ihm das "Heldentum" nehmen will. In Abwägung dieses öffentlichen Interesses mit der "Heroisierungsgefahr" erscheint letztere geringer, zumal der Ansbacher Täter nach terroristischen Kriterien weitgehend gescheitert ist. Der einzige Tote ist er selbst. Ganz anders als etwa die Attentäter des 11. September 2001, deren Fotos landauf-landab gezeigt wurden. Es bleibt weiterhin bei einer Abwägung, die in jedem Fall neu vorzunehmen ist.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 28.07.2016 | 21:45 Uhr