Stand: 18.02.15 07:00 Uhr

Alptraum Manila: Keine Entschädigung für Fraport

von Nils Naber
Das Flughafenterminal in Manila.

Das besagte Terminal am Flughafen von Manila - Fraport verlangt eine Entschädigung für die getätigten Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe.

In der Firmenzentrale der Fraport AG in Frankfurt spricht man nicht gerne über Manila. Manila, die Hauptstadt des Inselstaates der Philippinen, eingebettet zwischen chinesischem Meer und Pazifik. Das Klima tropisch. Manila ist ein Alptraum für Fraport. Oder vielmehr das Projekt, das unter dem Titel "Manila" firmiert. Sogar die deutsch-philippinischen Beziehungen leiden unter der Angelegenheit.

Das Projekt ist ein Terminal am Flughafen von Manila, an dem Fraport federführend beteiligt war. Die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens streitet sich mittlerweile seit über einem Jahrzehnt mit der philippinischen Regierung: Der Inselstaat ist empört über das Geschäftsgebaren der Deutschen, beklagt Verstöße gegen seine Gesetze und erklärt die Verträge für nichtig. Fraport hingegen verlangt eine Entschädigung für die getätigten Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe.

"Bewusst nationale Gesetze missachtet"

Nun hat sich das internationale Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) in Washington ein weiteres Mal mit dem Fall befasst. Das Gericht ist zuständig, wenn zum Beispiel Firmen mit Regierungen in Streit geraten, wenn es um Investitionen in fremden Ländern geht und die Angelegenheiten nicht allein den nationalen Gerichten anvertraut werden sollen. In seinem Urteil, das Panorama vorliegt, heißt es: Die Fraport AG habe bei der Investition in den Flughafenterminal auf den Philippinen "bewusst" nationale Gesetze missachtet. Aus dem rechtswidrigen Verhalten Fraports folgert das Gericht, dass der Flughafenbetreiber nicht auf ein Investorenschutzabkommen pochen kann und so auf diesem Weg keine Entschädigung für das mittlerweile gescheiterte Projekt erhält.

Deutliche Worte. Das Urteil ist bemerkenswert, auch vor dem Hintergrund, dass das Gericht in Washington den Ruf hat, gerne Firmen zu schützen. Fraport ist laut einer ersten kurzen Stellungnahme "enttäuscht". Tatsächlich ist dieses Urteil für das Unternehmen ein schwerer Rückschlag und eine empfindliche Niederlage. Auf Nachfragen will sich der Konzern dazu nicht äußern. Pikant ist, dass die Fraport AG zu 51 Prozent dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt a.M. (Stadtwerke Frankfurt) gehört. Und dass der Fall bis in die Staatskanzlei in Wiesbaden reicht.

Weltweit Beteiligung an Flughäfen geplant

Fraport - Wilhelm Bender © picture-alliance/ dpa Foto: Uwe Anspach

Wilhelm Bender, damaliger Chef des Frankfurter Flughafens, wollte mit Fraport weltweit Flughäfen übernehmen oder sich daran beteiligen.

Alles begann Ende der neunziger Jahre. Der damalige Chef des Frankfurter Flughafens, Wilhelm Bender, und sein Vorstand planen damals Großes: Weltweit wollen sie Flughäfen übernehmen oder sich daran beteiligen. So sollen Umsätze und Gewinne des Unternehmens gesteigert werden. Um das große Rad zu drehen investiert Fraport auch in das Terminalprojekt am internationalen Flughafen der philippinischen Hauptstadt Manila. 2002 ist das Gebäude fast fertig. Doch die Philippinen haben gerade eine neugewählte Regierung - und die prüft die Verträge um die Konzession zum Terminalbau. Ergebnis: Man erklärt sie für ungültig. Fraport, so die Auffassung in Manila, habe bei dem Geschäft Gesetze des Inselstaates zum eigenen Vorteil gebeugt.

Fraport sieht sich faktisch enteignet und klagt vor dem Schiedsgericht der Weltbank. Die Deutschen hatten offenbar bereits rund 420 Millionen US-Dollar in das Projekt investiert - zumindest das Geld möchte man zurückhaben. Doch das Gericht schützt das Frankfurter Unternehmen nicht: Fraport habe sich "illegal" über verschachtelte Firmenkonstrukte die Kontrollen über die Terminalbetreibergesellschaft PIATCO gesichert. So ein Vorgehen schließe das philippinische Recht jedoch aus. Zulässig wäre nur eine Beteiligung von maximal 40 Prozent gewesen. Nach Auffassung des Gerichts war dies Fraport auch bewusst. Mehr noch: Laut Erkenntnis des Schiedsgerichts waren damals sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat vollständig darüber informiert, dass das Vorgehen rechtlich nicht zulässig ist. Aufsichtsratschef ist von 1999 an der damalige hessische Ministerpräsident Roland Koch.

War Korruption im Spiel?

Hauptversammlung der Fraport AG in Frankfurt am Main © picture-alliance / dpa Foto: Frank May

Auf der Hauptversammlung 2003 stellt der Wirtschaftsprüfer Georg Wengert unbequeme Fragen zum Manila-Projekt.

Es gehört zu den Eigenheiten des Manila-Projekts, dass es weitgehend im Stillen stattfindet. Über das Geschäftsgebaren des Staatsunternehmens Fraport erfährt die Öffentlichkeit lange nichts. Erst ein Wirtschaftsprüfer aus dem kleinen Städtchen Singen am Hohentwiel verschafft dem Fall Aufmerksamkeit. Georg Wengert ist häufig auf den Philippinen, beobachtet, wie Fraport in Manila investiert und anschließend Probleme bekommt. Wengert fängt an nachzuforschen. Er hört von Korruption. Die Beteiligung daran konnte Fraport nicht nachgewiesen werden, aber es stachelt Wengert an. Um mehr zu erfahren, kauft er Aktien von Fraport. Auf der Hauptversammlung 2003 nutzt er die Gelegenheit und stellt dem Vorstand Fragen zum Manila-Projekt. "Ich war dann der Meinung, wenn Korruption im Spiel ist, dann müssen wir dagegen etwas tun. Und ich habe dann gegen den Beschluss auf Entlastung des Vorstands Widerspruch eingelegt und Klage erhoben beim Landgericht in Frankfurt", erinnert sich Wengert. Öffentlich ist der Wirtschaftsprüfer Einzelkämpfer, doch im Hintergrund meldet sich bei ihm ein anonymer Unterstützer. Die bis heute unbekannte Person beliefert ihn mit internem Material aus Aufsichtsrat und Vorstand von Fraport. Die Papiere belegen, dass Vorstand und Aufsichtsrat in das Manila-Geschäft eingebunden waren.  

Als er die Papiere an die Staatsanwaltschaft weiterreicht, hetzt ihm Fraport Anwälte auf den Hals. Das Unternehmen will ihm verbieten lassen, die internen Unterlagen weiterzugeben. Wengert: "Diese Geschichte entwickelte sich für meine Familie zum Supergau. Es ging um meine Existenz. Fraport hat regelrecht auf mich eingeschlagen, mit Prozessen, mit einstweiligen Verfügungen, mit Strafanzeigen gegen meine Familie." Fraport zerrt Wengert bis vor den Bundesgerichtshof. Doch Wengert gewinnt. 

Dokumente Teil des Verfahrens

Seitdem sind die Dokumente auch Teil der Verfahren. Auch vor dem Schiedsgericht der Weltbank, wo Fraport erst 2007 und nun erneut gescheitert ist. Allein durch dieses letzte Verfahren sind beim Flughafenbetreiber laut Urteil Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt umgerechnet 15,5 Millionen Euro aufgelaufen. Das Schiedsgericht verurteilt Fraport außerdem dazu, fünf Millionen US-Dollar für Anwaltskosten an die Philippinen zu zahlen. Das ist ungewöhnlich in solchen Fällen.

Fraport hofft nun auf die nationalen Gerichte der Philippinen. Das philippinische Berufungsgericht (Court of Appeals) hat der Fraport AG beziehungsweise dessen Terminalgesellschaft PIATCO im August 2013 einen Betrag von 371 Millionen US-Dollar zugesprochen. Ausgezahlt ist die Summe nicht. Sowohl Fraport/PIATCO als auch die Philippinen habe diese Zahlung angefochten. Derzeit ist das Verfahren vor dem philippinischen Supreme Court anhängig.

Welche Auswirkungen das Urteil des internationalen Schiedsgerichtes auf den weiteren Verlauf haben wird ist offen. Zuletzt hatte Fraport zu verhindern versucht, dass es veröffentlicht wird. Offenbar gibt es gute Gründe, über Manila nicht sprechen zu wollen.  

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 15.10.2013 | 21:15 Uhr